Politik

"Herzstück" Online-WahlkampfSPD sucht das Glück im Netz

08.01.2009, 13:07 Uhr
imageTill Schwarze

Das "Herzstück" des sozialdemokratischen Wahlkampfes soll in diesem Jahr die Onlinekampagne bilden. Mit welchem Erfolg, ist allerdings offen.

"Das Internet ist das neue Leitmedium", verkündet Kajo Wasserhövel. Ob dies allerdings auch schon für das Jahr 2009 gelten wird, kann der SPD-Bundesgeschäftsführer noch nicht mit Sicherheit sagen.

Trotzdem: Die Online-Kampagne wird in diesem Jahr "das Herzstück" des SPD-Bundestagswahlkampfes. Ob bereits Medium mit echter Leitfunktion oder einfach nur großem Potenzial ? Wasserhövel schreibt dem Internet die zentrale Rolle im Wahlkampf zu. Und deshalb präsentiert der Bundesgeschäftsführer persönlich den neuen Internetauftritt der SPD. Damit die Prioritätensetzung schon einmal klar ist.

"Intelligenz des Schwarms"

Er sitzt im vierten Stock des Willy-Brandt-Hauses in Berlin, am Rande der "Nordkurve", wie die dort untergebrachte SPD-Wahlkampfzentrale intern heißt. Neben Wasserhövel steht ein großer Plasmabildschirm, auf dem er den neuen Auftritt der SPD im Internet präsentiert. An den Wänden hängen Spruchbänder und Schlagworte, die den sozialdemokratischen Wahlkämpfern offenbar Motivation verschaffen sollen. "Intelligenz des Schwarms" ist eines davon. Bezieht sich das jetzt auf das Netz?

Wasserhövel philosophiert zu Beginn also über die Bedeutung des Internets als Wahlkampfinstrument. Wasserhövel, nicht Hubertus Heil, der als Generalsekretär zwar eigentlich oberster Wahlkämpfer ist, aber die Kampagnenzügel längst an seinen Geschäftsführer abgeben musste. Und während Wasserhövel über das neue Leitmedium und seine Möglichkeiten redet, schwirrt einem bereits unvermeidlich ein Name im Kopf herum. Ein Name, der einem beim Thema Wahlkampf und Internet in diesem Jahr unweigerlich begleiten wird und schier aus einem herausplatzen möchte, als sich Wasserhövel fragt, ob in Deutschland eine Bewegung im Internet entstehen könne.

Barack Obamas erfolgreiche "Change"-Kampagne, die mal eben den Wahlkampf im Internet revolutioniert hat, ist Segen und Fluch für die deutschen Parteien. Zwar würde auch ohne das monumentale US-Vorbild jede Partei versuchen, die Möglichkeiten der virtuellen sozialen Netzwerke auszunutzen. Doch Obamas Interneterfolg hat zum einen eine neue Fülle an Möglichkeiten der virtuellen Kampagnenführung vorgegeben; zum anderen hat er aber auch die Messlatte ins Unermessliche steigen lassen.

Weiter nach dem Wahlabend

Das weiß Wasserhövel natürlich auch, und bevor es aus den Anwesenden herausplatzt, kommt er lieber von selbst darauf zu sprechen. "Was wir von Obama lernen können? Vor allem eines: Dass er am Tag nach der Wahl direkt weitergemacht hat." Da hat Obama als künftiger US-Präsident die Seite www.change.gov ins Leben gerufen, um seiner virtuellen Wahlkampf-Bewegung eine neue Heimat zu geben. Und auch Wasserhövel will die Internetkampagne der SPD nicht mit dem Wahlabend wieder absterben lassen.

Schon bei der Neustrukturierung des Willy-Brandt-Hauses hatte der Parteistratege angekündigt, die SPD-Zentrale müsse auch außerhalb von Wahlkämpfen kampagnenfähig sein. Diese Losung hat der Geschäftsführer nun ebenfalls für die virtuellen Kampagnenprojekte ausgegeben.

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Kajo Wasserhövel managt die SPD-Kampagne. (Foto: picture-alliance/ dpa)

Allerdings tappen die deutschen Sozialdemokraten auf den von Obama vorgegeben virtuellen Pfaden noch ziemlich im Dunkeln. Denn wie so oft, wenn in Deutschland erfolgreiche US-amerikanische Konzepte kopiert werden, ist ihr Erfolg bei uns noch ungewiss. Und das nicht nur, weil eine Bewegung la Obama mit einem Kandidaten Frank-Walter Steinmeier - milde gesagt ? ambitioniert erscheint. Zu wenig ausgeprägt ist die hiesige Bloggersphäre; zu gering die Politikbegeisterung des Wahlvolks.

"Nicht jedes Gimmick"

Deshalb möchte Wasserhövel "nicht jedes Gimmick" im Netz bedienen und den SPD-Wahlkampf bloß nicht mit Obamas Kampagne vergleichen. Solche Erwartungen seien schließlich nicht zu erfüllen. Trotzdem zeigt ein Blick auf die neue Startseite der SPD das US-Vorbild der Sozialdemokraten: Noch nie waren direkte Links zu sozialen Netzwerken wie der Fotoplattform Flickr und der Videoseite Youtube so prominent auf der Internetseite einer Partei vertreten, und direkt darüber der Aufruf, für die Partei zu spenden. Außerdem ein Link zur SPD-eigenen Community meinespd.net, der als Sammelbecken sozialdemokratischer Anhänger in der Wahlkampfplanung auch eine wichtige Rolle zukommen soll. Zudem plant die SPD noch - Obama lässt grüßen - eine eigene Kampagnenplattform im Netz.

Die Instrumente sind also klar, die Mittel bekannt ? man darf gespannt sein, wie sie letztlich konkret von der SPD und auch den anderen Parteien bei ihren Internetkampagnen genutzt werden. Und ob sie es schaffen, dabei eine eigene Note zu entwickeln. Die Sozialdemokraten haben zumindest schon einmal ihren Claim abgesteckt. Ob sie aber auf Gold stoßen werden, ist noch ungewiss. Man kann im Netz auch "viel Geld für Stuss" ausgeben, weiß auch Wasserhövel. Wie viel das im Fall der SPD ist, wollte er aber nicht verraten.