Politik

Doktortitel darf kein "Statussymbol" seinSchavan kritisiert Universitäten

18.06.2011, 16:46 Uhr
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Sieht die Politik in den Plagiatsaffären deutscher Volksvertreter nicht gefordert: Forschungsministerin Annette Schavan. (Foto: picture alliance / dpa)

In der Debatte um die Plagiatsaffären deutscher Politiker nimmt Bundesforschungsministerin Schavan die Universitäten in die Pflicht. So dürften diese nicht "auf eine möglichst hohe Zahl von Titelvergaben zielen". Derweil gerät die FDP- Europabgeordnete Koch-Mehrin offenbar auch in den eigenen Reihen unter Beschuss.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan hat die Universitäten aufgefordert, sich selbstkritisch mit den jüngsten Plagiatsfällen auseinanderzusetzen und den Doktortitel nicht zu einem Statussymbol verkommen zu lassen. "Man kann den Universitäten nur raten, sehr bewusst und selbstkritisch mit dem Thema umzugehen und nicht auf eine möglichst hohe Zahl von Titelvergaben zu zielen", sagte die CDU-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Doktortitel müsse "Ausdruck einer wissenschaftlichen Qualifikation und nicht ein Statussymbol oder Titelhuberei sein".

Nach dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war in der vergangenen Woche auch der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin der Doktortitel wegen massiver Plagiate aberkannt worden. Weitere Verdachtsfälle unter Politikern von Union und FDP werden von Universitäten geprüft.

Die Universitäten müssten das Thema "für sich klären und Transparenz schaffen", forderte Schavan. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass da jetzt ein paar Fälle aufgefallen sind, das Ganze aber ein zu vernachlässigendes Phänomen an der Universität ist." Politischen Handlungsbedarf sieht die Ministerin nicht. Das sei ein klassisches Beispiel für die Souveränität der Wissenschaft. "Da soll sich die Politik nicht einmischen."

Mathiopoulos darf Titel wohl behalten

Koch-Mehrin ist nach "F.A.S."-Angaben inzwischen auch aus den Reihen der Liberalen nahegelegt worden, ihr Mandat im Europaparlament eventuell aufzugeben. Der forschungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Martin Neumann, betonte in der Zeitung, die FDP-Politikerin solle "durchdenken, welche Verantwortung sie dem Mandat gegenüber hat". Koch-Mehrin hat Spitzenämter im Europaparlament bereits geräumt. Nach Meinung der FDP-Parteispitze steht ihr Abgeordnetenmandat aber nicht zur Disposition. Das wurde in Parteikreisen bestätigt.

Eine Plagiatsdebatte gibt es auch um die Doktorarbeit der FDP-Politikerin Margarita Mathiopoulos. Die Universität Bonn will die Doktorarbeit der Unternehmerin nach Angaben eines Sprechers aber nicht erneut prüfen. Das hatte die Uni schon 1991 getan. "Damals hat man festgestellt: Bei allen Bedenken, die man haben mag, reicht es nicht, ihr den Titel abzuerkennen", so Uni-Sprecher Klaus Herkenrath.

Für eine neue formelle Prüfung müsse es einen belastbaren Hinweis dafür geben, dass die Politikwissenschaftlerin die Arbeit nicht selbst geschrieben habe. Die Plagiatsfahnder von Vroniplag machen laut "Tagesspiegel" geltend, dass mehr als 30 Prozent der 25 Jahre alten Dissertation Plagiate seien.

Quelle: dpa