Politik

CSU-Chef gibt den Takt vor Seehofer drückt aufs Tempo

"Was sagt Seehofer?" ist bei den Sondierungsgesprächen zur entscheidenden Frage geworden.

"Was sagt Seehofer?" ist bei den Sondierungsgesprächen zur entscheidenden Frage geworden.

(Foto: dpa)

Horst Seehofer spielt sich während der Sondierungsrunden mit SPD und Grünen in den Vordergrund. Er bestimmt den Takt der Gespräche - indem er zunächst breitbeinig Positionen vertritt, die er bald darauf wieder räumt.

Er schließt aus, er warnt, er lehnt ab und dann ist er plötzlich wieder für alles offen: Während der Sondierungsgespräche läuft Horst Seehofer zu Hochform auf. Der bayerische Ministerpräsident hat sich in den vergangenen Wochen in den Vordergrund gespielt. Mehr und mehr wird Seehofer zum entscheidenden Mann im Koalitionspoker. Es ist der bayerische Ministerpräsident, der festlegt, was möglich ist und was nicht – und nicht etwa die Bundeskanzlerin. Fast gerät in Vergessenheit, dass der Stimmenanteil seiner CSU bei der Bundestagswahl insgesamt lediglich bei etwa sieben Prozent lag.

Zurzeit ist Seehofer der Mann, der Bewegung in die Sondierungsgespräche bringt. Zum Beispiel beim Mindestlohn: Am Mittwoch überrascht der CSU-Chef in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" damit, dass er sich nun doch eine flächendeckende Lohnuntergrenze vorstellen kann. Im Wahlkampf hatte er sich noch wie die gesamte Union dagegen ausgesprochen. Dass sich die Union auch bei wichtigen Themen bewegt, war angesichts der laufenden Sondierungsgespräche natürlich zu erwarten - ohne Kompromisse kann selbst der große Wahlsieger keinen Koalitionsvertrag abschließen. Doch Seehofer ist der erste, der dieser Erkenntnis Taten folgen lässt.

Wirkt etwas hilflos angesichts der Seehofer-Show: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.

Wirkt etwas hilflos angesichts der Seehofer-Show: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.

(Foto: dpa)

Nachdem Seehofer vorgeprescht ist, wirken die Äußerungen von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ein wenig hilflos. In der "Rheinischen Post" sagte er: "Die Koalitionsverhandlungen sind der Ort für notwendige Kompromisse und nicht schon Sondierungsgespräche". Das kümmert Seehofer jedoch wenig. Seit der Wahlnacht hat er keinen Hehl daraus gemacht, dass er lieber ein Bündnis mit der SPD eingehen möchte, als mit den Grünen. Seine Signale in Sachen Mindestlohn will er denn auch als Hilfe für die SPD-Spitze verstanden wissen. Die wolle ihren Mitgliedern beim Konvent am Sonntag ja einen Erfolg präsentieren, daher müsse man nach einem Weg suchen, der die Einführung eines Mindestlohns gewährleistet, aber nicht Arbeitsplätze kostet, sagte er.

Giftpfeile auf Trittin

Doch Seehofer wäre nicht Seehofer, wenn man ihn auf seine Affinität zur SPD reduzieren könnte. So ganz dürfte er sich noch nicht von Schwarz-Grün verabschiedet haben. Nach der Wahl schoss er zwar den ein oder anderen Giftpfeil Richtung Grüne ab, doch hatten diese in erster Linie das CSU-Feindbild Jürgen Trittin zum Ziel. Seehofer, der erfahrene Politiker, konnte zu jenem Zeitpunkt aber bereits absehen, dass Trittin die längste Zeit an der Spitze der Grünen gestanden hatte. Die Sondierungsgespräche zwischen Grünen und Union verliefen dann auch harmonisch.

Sein streitlustiger Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte sich während des zweiten Gesprächs mit der SPD noch heftig mit der NRW-Landesfürstin Hannelore Kraft gefetzt, nach dem Treffen mit den Grünen gab es keine Anzeichen solcher Zusammenstöße. Nicht zuletzt, weil Seehofer seine Parteifreunde gut im Griff hat. Das berichtet zumindest die "Rheinische Post", die sich auf Teilnehmer der Sondierungsrunde beruft. Demnach pfiff Seehofer Bundesinnenminister Friedrich zurück, als dieser den Grünen erläuterte, warum eine doppelte Staatsbürgerschaft mit der Union nicht zu machen sei. "Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe hier meine Gesprächsbereitschaft namens der gesamten CSU mitgeteilt", stellte er klar und kassierte damit beinahe im Vorbeigehen eines der großen Streitthemen zwischen Union und Grünen.

Grüne diskutieren über Position zur Union

Für die Koalitionsverhandlungen mit der SPD kann es aus Sicht der Union nur von Nutzen sein, dass die Grünen noch immer nicht so ganz aus dem Spiel sind. Immerhin hat Parteichef Cem Özdemir weitere Gespräche mit der Union nicht ausgeschlossen – auch Seehofer äußerte sich nach den Sondierungsgesprächen ähnlich. Somit bleiben die Grünen für die Union eine Notfalloption, falls die SPD zu große Forderungen stellt.

Allerdings ist vielen Grünen die neue Offenheit für die Union nicht so ganz geheuer. Es sind vor allem Realos wie Özdemir, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt, die mit den Schwarzen flirten. Der Parteilinken fällt dies deutlich schwerer. So lehnt es etwa die designierte Vorsitzende Simone Peter ab, sich noch einmal mit der CSU zu treffen. Da es keine ausreichende Grundlage für Koalitionsverhandlungen gegeben habe, halte sie dies für "schwierig", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung". Ähnlich äußerte sich Jürgen Trittin. "Die Grünen sind eigenständig – und sie stehen nicht einfach als Reserve parat, wenn CDU/CSU und SPD sich nicht einigen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".  

Horst Seehofer dürfte diese neue Debatte bei den Grünen erst einmal wenig kümmern. Er kann sich sicher sein, dass bei der dritten Sondierungsrunde mit der SPD wieder alle Augen auf ihn gerichtet sind. Mit dem Betreuungsgeld oder auch der PKW-Maut für Ausländer hat er die Themen gesetzt, über die besonders heftig gestritten werden dürfte.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen