"Alptraum der Vergangenheit" Staaten ziehen Botschafter ab
29.06.2009, 07:19 UhrAls Reaktion auf den Staatsstreich in Honduras ziehen die Mitglieder des lateinamerikanischen Staatenbündnisses der Bolivarischen Alternative für unser Amerika (ALBA) ihre Botschafter aus dem zentralamerikanischen Land ab.

Zelaya mit Daniel Ortega, Hugo Chavez und Rafael Correa, den Präsidenten von Nicaragua, Venezuela und Ecuador (von links nach rechts).
(Foto: dpa)
Diese Entscheidung sei angesichts der "diktatorischen Regierung" getroffen worden, die in Honduras die Macht ausüben wolle, erklärten die Teilnehmer des ALBA-Gipfels zum Abschluss ihres Treffens in der nicaraguanischen Hauptstadt Managua, bei dem auch der am Sonntag vom Militär gestürzte honduranische Staatschef Manuel Zelaya anwesend war. Weitere Teilnehmer waren die Staatschefs von Nicaragua, Venezuela, Ecuador und Bolivien sowie der kubanische Außenminister.
US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die "Wiederherstellung der demokratischen und verfassungsmäßigen Ordnung" in Honduras. Washington warte derzeit ab, ob die US-Wirtschaftshilfe für das Land abgesetzt werde, denn die Lage entwickle sich derzeit "sehr schnell". Sie verwies auf die Dringlichkeitssitzungen der UN-Vollversammlung und der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) zu Honduras.
"Abscheulicher Angriff"
Der Präsident der UN-Vollversammlung, Miguel d'Escoto, sprach von einem "abscheulichen Angriff" auf die honduranische Demokratie. "Dies ist ein Rückfall in eine Ära, die wir eigentlich als Alptraum der Vergangenheit angesehen hatten". Als Nicaraguaner sei er "beschämt", dass der Putsch in Zentralamerika stattgefunden habe. Lateinamerika und die Karibik stellten die Region mit den meisten Regierungsstürzen weltweit, bedauerte d'Escoto.
Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero sagte, die OAS müsse eine Schlüsselrolle bei der Wiederherstellung der Demokratie in Honduras spielen. Die EU forderte die umgehende Freilassung aller im Zuge des Putschs in Honduras Festgenommenen. Außerdem müsse die dortige Präsidentschaftswahl wie vorgesehen im November stattfinden, hieß es in einer Erklärung der amtierenden tschechischen EU-Ratspräsidentschaft.
Proteste in Hauptstadt
Der in Honduras vom Parlament eingesetzte Interims-Staatschef Roberto Micheletti ordnete indes eine zweitägige Ausgangssperre in der Hauptstadt Tegucigalpa an, um eventuelle Unruhen zu verhindern. Dort hatten Tausende von Anhängern Zelayas protestiert und dessen Rückkehr an die Macht gefordert. Im Rahmen seiner Kabinettsbildung ernannte Micheletti den Juristen Enrique Ortiz Colindes zum neuen Außenminister. Er erteilte ihm den Auftrag, sofort international tätig zu werden und die Regierungen der Welt davon zu überzeugen, dass in Honduras kein Staatsstreich stattgefunden habe.
Unterdessen legte eine in der vergangenen Woche eingesetzte Kommission des honduranischen Kongresses einen Bericht über die Tätigkeit von Präsident Zelaya vor. Das berichtet die Zeitung "El Heraldo". Demnach hatte dieser seinerseits vorgehabt, unmittelbar nach dem von ihm am Sonntag geplanten Referendum das Parlament aufzulösen. Das Referendum war ihm vom Kongress und dem Obersten Gericht untersagt worden.
Deshalb, so argumentierte der Kongress, seien die demokratischen Institutionen dem Präsidenten zuvorgekommen und hätten ihn entmachtet. Zelaya habe sich in zahlreichen Fällen über die Gesetze und Bestimmungen der Verfassung hinweggesetzt. "In Honduras hat es keinen Staatsstreich gegeben, sondern eine Nachfolge in der Präsidentschaft", sagte Micheletti bei seiner ersten Pressekonferenz.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa