SPD-Fest in Zeiten des Wahlkampfs Steinbrück hofft auf einen Aufbruch
17.08.2013, 14:11 Uhr
Steinbrück hat nur noch wenige Wochen, um die Wähler von sich zu überzeugen.
(Foto: dpa)
Die SPD trägt zu ihrem 150. Jubiläum dick auf und feiert sich in Berlin vor Zehntausenden Zuschauern. Spitzendkandidat Steinbrück rührt dabei kräftig die Werbetrommel - unter anderem mit der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn.
Die SPD macht sich dieses Wochenende mit einem Fest in Berlin selbst Mut für den Endspurt im Wahlkampf. Spitzenkandidat Peer Steinbrück hofft nach der bislang durchwachsenen Kampagne auf eine Aufholjagd bis zur Bundestagswahl am 22. September.
Bei seiner Rede am Brandenburger Tor kündigte er einen Aufbruch für mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit an. Im Falle eines Wahlsiegs wolle er umgehend einen Mindestlohn von 8,50 Euro einführen. Heute gehe es nicht mehr um die Einführung des Acht-Stunden Tages, den Sozialdemokraten durchgesetzt hätten, sagte Steinbrück. Aber fast sieben Millionen in Deutschland verdienten heute unter 8,50 Euro. Daher brauche es den gesetzlichen Mindestlohn.
"Am 22. September ist Wahltag und ich will Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden", sagte Steinbrück unter dem Jubel von zehntausenden Bürgern. Nach SPD-Angaben fanden sich insgesamt 300.000 Menschen auf der Festmeile ein. "Ich will mit Euch wieder einen Aufbruch für dieses Land erleben", sagte Steinbrück. Es gelte zudem, dem Kapitalismus Grenzen zu setzen.
Kritik an Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel warf er zudem vor, keinen Rettungsplan für die Stabilisierung des Euros zu haben. "Das wird Deutschland Geld kosten, dieses Europa zusammenzuhalten", sagte der 66-Jährige. "Umso wichtiger ist es, dass wir dieses Geld nicht versenken."
Er wolle ein Deutschland, "das stark ist, weil es gerecht zugeht". Merkel warf er vor, das Land nur zu verwalten und nicht zu gestalten. Es sei etwas aus dem Lot geraten. "Ich werde als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland mit aller Härte gegen Steuerbetrüger vorgehen." Er wolle ein Land, wo es nicht entscheidend sei, wo man herkomme, sondern wo man hinwolle. "Das Wir entscheidet und nicht millionfache Ellbögen."
Die Bildungsinvestitionen sollten schrittweise auf 20 Milliarden Euro steigen - auch dank eines Spitzensteuersatzes von 49 Prozent für Spitzenverdiener. Zudem versprach er, die Rüstungsexporte bei einem rot-grünen Wahlerfolg zurückzuschrauben. Deutschland verkaufe unter Merkel so viele Waffen in Krisengebiete wie nie zuvor.
Mit dem Fest vor dem Brandenburger Tor will die SPD ihr 150. Jubiläum mit mehreren zehntausend Bürgern in lockerer Atmosphäre feiern. Die deutsche Sozialdemokratie war 1863 in Leipzig begründet worden. Im Mai hatte es bereits einen offiziellen Festakt gegeben. Nun fährt die SPD ein großes Musikprogramm mit 700 Künstlern auf vier Bühnen auf - unter anderem treten die Prinzen, der Rapper Samy Deluxe und Nena auf. Am Sonntag singt zum Abschluss Schlagerstar Roland Kaiser.
"Pannen-Peer" gibt sich geläutert
Im Vorfeld hatte sich Steinbrück kritisch zur Rolle von Medien und Öffentlichkeit in seinem Wahlkampf geäußert. "Es hat vielleicht die eine oder andere Situation gegeben, wo ich Formulierungen hätte stärker abwägen sollen", sagte er der "Hamburger Morgenpost". "Aber einiges ist in den Medien auch unverhältnismäßig aufgebauscht worden - und stand in keinem Verhältnis zu den wirklich wichtigen politischen Themen."
Zur Kritik des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering am Start der Wahlkampagne bekräftigte Steinbrück: "Das, was Franz Müntefering gesagt hat, gibt allgemeine Beobachtungen wider, und es entspricht auch meiner Auffassung." Müntefering hatte der "Zeit" gesagt: "Für Steinbrück gab es keine Kampagne, keine Bühne, keine Mitarbeiter, da gab es nichts." Der Start sei misslungen gewesen. "Mir standen die Haare zu Berge."
Der langjährige SPD-Sozialpolitiker Rudolf Dreßler stimmte in den Chor der Kritik am SPD-Wahlkampf ein. Dem WDR sagte er: "Man könnte fast sagen: Keine Woche unfallfrei." Die aktuellen Umfragen, die die SPD nur bei rund 25 Prozent sehen, seien deprimierend. Der Wahlkampf habe "keinen Drive, keinen Druck". Dreßler übte Kritik an dem Beschluss der SPD, nicht mit der Linkspartei zu koalieren. Der frühere Finanzminister Steinbrück hat klargestellt, dass er nur für Rot-Grün zur Verfügung stehe und nicht noch einmal in einer Großen Koalition Minister unter Kanzlerin Angela Merkel werden wolle.
Linke geht auf SPD zu
Die Linkspartei macht sich dennoch Hoffnung auf ein Einlenken und eine Regierungsbeteiligung in einem rot-rot-grünen Bündnis. Parteichef Bernd Riexinger sieht innerhalb der SPD eine wachsende Offenheit für ein rot-rot-grünes Bündnis und sagte: "Wir haben zur Kenntnis genommen, dass sich die Tonlage ändert."
Am Sonntagabend ab 19.05 Uhr wird sich SPD-Kandidat Steinbrück auch auf RTL in der Sendung "An einem Tisch mit Peer Steinbrück" mit sieben Bürgern über Politik, Familie und seine Motivation unterhalten.
Quelle: ntv.de, jtw/ghö/dpa