Lobreden auf Mario Monti Technokrat mit Manieren
13.11.2011, 13:48 Uhr
Mario Monti wird Berlusconis Nachfolger.
(Foto: dpa)
Er steht für Bildung, gute Manieren und wenig Lärm: Mario Monti gilt in jeder Hinsicht als Anti-Berlusconi. Parteipolitische Machtspiele seien dem international geachteten Wirtschaftsexperten ein Graus, heißt es. Kurz: Monti verkörpert ein anderes Italien, das mit der Bunga-Bunga-Ära von Silvio Berlusconi nichts zu tun haben will.
Nun also soll es Mario Monti in Italien richten - ein international angesehener Wirtschaftsexperte, der sich durch seine politische Unabhängigkeit breiten Respekt erworben hat. Der Mailänder Wirtschaftsprofessor wurde am Wochenende als der Kandidat genannt, auf den alles als Nachfolger des scheidenden Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zuläuft. Als Reporter ihm in Rom beim Messgang auflauerten, sagte der 68-Jährige lediglich: "Es ist ein schöner Tag." Gerne gibt er sich zugeknöpft und undurchschaubar.
Erst am Mittwoch wurde Monti von Italiens Staatschef Giorgio Napolitano zum Senator auf Lebenszeit ernannt, tags darauf empfahl der strauchelnde Regierungschef Berlusconi den früheren EU-Kommissar implizit als seinen Nachfolger. Seither reißen die Lobreden auf Monti nicht ab. Sie habe "großen Respekt" vor Monti, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Sie habe mit dem Italiener stets "fruchtbare Gespräche" geführt. Der frühere Ministerpräsident und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sagte: "Montis Zeit ist gekommen."
Gegensätzlicher als Berlusconi und Monti können Politiker kaum sein: Während der Medienmogul Berlusconi häufiger mit seinen privaten Eskapaden als mit seiner Regierungsführung Schlagzeilen machte, gilt Monti als nüchterner Charakter, höflich - aber bestimmt. Ihm eilt der Ruf voraus, dass Pressionen gleich welcher Art völlig an ihm abprallen.
Unpopulär, aber vernünftig
Monti könnte eine technokratisch geführte Regierung der nationalen Einheit anführen, die Italien aus der politischen und wirtschaftlichen Krise führen soll. In einer seiner wenigen öffentlichen Stellungnahmen der vergangenen Wochen empfahl Monti am 23. September, "unpopuläre Reformen" durchzusetzen, indem "die vernünftigsten Teile" der politischen Parteien zusammenarbeiten.
Unter Berlusconis erstem Kabinett war der parteilose promovierte Wirtschaftswissenschaftler von 1995 bis 1999 EU-Binnenmarktkommissar, unter der linksgerichteten Regierung von Massimo D'Alema dann bis 2004 EU-Wettbewerbskommissar. Seitdem trägt er das Siegel eines Unparteiischen. In Brüssel erwarb sich Monti einen Ruf als Fachmann, der keine Furcht hatte, sich mit Wirtschaftsriesen wie Microsoft und General Electric anzulegen. Das brachte ihm den Beinamen "Super-Mario" ein. "Monti schickt einen mit höflichen Worten auf den Scheiterhaufen, wenn er der Meinung ist, dass das gerecht und nötig ist", verlautete vor Jahren aus seinem Umfeld.
Doch Monti sei alles andere als ein "kalter Technokrat", schrieb die Zeitung "Corriere della Sera", für die Monti auch selbst Kolumnen verfasst, kürzlich. "Er ist ein leidenschaftlicher Italiener", jemand, der seine persönlichen Interessen zurückstelle und stattdessen "Ideen einbringt". Monti verteidigte zudem im Zuge der Krise in den vergangenen Monaten immer wieder den Euro und Italiens Mitgliedschaft in der Währungsunion. Das Land wäre ohne die Gemeinschaftswährung heute inflationsgeplagt und "bedeutungslos", schrieb er in einer Kolumne.
Unbestechlich und unerschrocken
1943 im norditalienischen Varese geboren, studierte der parteilose Monti in Mailand und an der renommierten Yale-University im US-Bundesstaat Connecticut. Als Professor arbeitete er in Mailand, Trient und Turin. Heute ist Mario Monti Präsident der Mailänder Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi. Der verheiratete zweifache Vater sitzt außerdem in mehreren Aufsichtsräten italienischer Konzerne.
Einfach dürfte es für Monti nicht werden, sollte er an der Spitze der geplanten Übergangsregierung stehen. Doch nicht umsonst hat sich der Italiener das Image eines Unbestechlichen und Unerschrockenen erworben. Schon im Jahr 2000 beschrieb der britische "Economist" Monti als "einen der mächtigsten Bürokraten in Europa" und bescheinigte ihm Überzeugungskraft. In Anspielung auf Montis silbrige Haarpracht setzte das Magazin hinzu, er strahle eine derartige Autorität aus, dass selbst der Haarausfall sich nicht an ihn herangetraut habe.
Quelle: ntv.de, AFP, dpa