Atomunfall in Frankreich Tricastin: "Belanglos"
24.07.2008, 16:18 UhrBei einem erneuten Zwischenfall in der französischen Atomanlage Tricastin sind etwa 100 Mitarbeiter "leichter" Strahlung durch Kobalt-58-Partikel ausgesetzt worden. Nach Angaben des Stromkonzerns und Betreibers EDF war am Mittwoch bei Wartungsarbeiten aus einer Leitung eines abgeschalteten Reaktors radioaktiver Staub ausgetreten. Die Strahlenbelastung habe jedoch weit unter dem zulässigen Grenzwert gelegen. Die Betroffenen hätten ohne Behandlung nach Hause gehen können. Es war bereits die zweite Panne binnen weniger Wochen in der Atomanlage.
Während die Direktion von Tricastin den Vorfall als "belanglos" bewertete, erklärte die Wissenschaftlerin Annie Thebaud-Mony vom staatlichen Zentrum für medizinische Forschung und Gesundheit (Inserm): "Einen Atomunfall als banal zu bezeichnen, nur weil die erlaubte Strahlenmenge nicht überschritten wurde, dient nur der Beschwichtigung."
"Unbedeutende" Strahlung
Die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) stufte den Vorfall auf der von 0 bis 7 reichenden Bewertungsskala mit 0 ein und bezeichnete die radioaktive Strahlung als "unbedeutend". Die Behörde nahm dennoch Ermittlungen auf und kündigte an, sie wolle in Kürze eine Mitteilung zu dem Unfall veröffentlichen. Dies ist bei Vorfällen der Stufe 0 sonst nicht üblich. In Frankreich werden jährlich durchschnittlich 800 Vorfälle der Stufe 0 in Atomkraftwerken registriert.
Der jetzige Zwischenfall ist der vierte in Frankreich innerhalb von rund zwei Wochen. Erst Anfang Juli waren in Tricastin aus einem undichten Überlaufbecken etwa 18 Kubikmeter Flüssigkeit mit Uran ausgelaufen und in zwei Flüsse gelangt. Der Unfall wurde den Behörden erst einen Tag später gemeldet. Anfang dieser Woche war bekanntgeworden, dass bei einer Inspektion der Nuklearanlage in Saint-Alban im Südosten Frankreichs 15 Mitarbeiter radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren. In der Woche davor traten aus einem undichten Kanalisationsrohr in einer Brennstäbefabrik in Romans-sur- Isre knapp 800 Gramm uranhaltiger Flüssigkeit aus.
Quelle: ntv.de