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Italien und die US-Wahl Trump oder Harris? Warum Meloni sich bedeckt hält

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Wie wird Meloni auf einen möglichen Trump-Sieg reagieren?

Wie wird Meloni auf einen möglichen Trump-Sieg reagieren?

(Foto: Roberto Monaldo/LaPresse via ZUM)

Vor der US-Wahl müsste Italiens rechte Premierministerin Meloni auf einen Sieg Trumps hoffen. Schließlich ist sie selbst Rechtspopulistin. Doch sie hält Distanz. Das hat handfeste Gründe.

Während ganz Europa wie gebannt auf die Wahl in den USA blickt, gibt sich Italiens Regierung gelassen. Die rechte Premierministerin Giorgia Meloni sagte noch vergangene Woche in einem Interview: "Für Italien ändert sich nichts." Das war schon bemerkenswert, schließlich stehen mit dem Republikaner Donald Trump und der Demokratin Kamala Harris völlig unterschiedliche Persönlichkeiten zur Wahl.

Ob Meloni wirklich dieser Meinung ist, sei dahingestellt. Schließlich ist sie selbst Rechtspopulistin, genau wie Trump. Als Vorsitzende der postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia stand sie zuletzt tatsächlich auf der Seite der Republikaner. Bei den Wahlen 2020 hatte sie am konservativ geprägten National Prayer Breakfast teilgenommen. Zu Trumps Zielen, die US-Identität, Grenzen, Unternehmen und Produkte schützen zu wollen, sagte sie, ihre Fratelli d'Italia wollten das Gleiche. Damals saß Meloni allerdings noch auf der Oppositionsbank. Als Regierungschefin nimmt sie einen abgewogeneren Standpunkt ein. Jetzt sieht sie auch Trumps erratische Natur. Denn die könnte ihn zu einem unverlässlichen Verbündeten machen.

Meloni weiß als Vollblut-Politikerin, wie man sich den Umständen anpasst, ohne sich komplett zu verbiegen. Ein Beispiel hierfür ist die gute Beziehung zum aktuellen demokratischen US-Präsidenten Joe Biden. Dadurch verschaffte sie sich auch in Brüssel mehr Gehör als durch die Beziehung zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Einem Chamäleon gleich

Meloni besitzt aber zugleich ein ausgeprägtes Gespür dafür, zur richtigen Zeit auf Distanz zu gehen. So nahm sie Ende September an der UNO-Generalversammlung in New York teil und ließ sich vom Thinktank Atlantic Council mit dem Preis "Global Citizen" auszeichnen. Bidens Einladung zum Abendessen mit anderen Regierungs- und Staatschefs nahm sie jedoch nicht an. Das sorgte für die eine oder andere Irritation. Melonis Wunsch, die Auszeichnung des Atlantic Councils aus den Händen von Elon Musk zu bekommen, sorgte allerdings für weitaus mehr Aufsehen.

Die einen lasen darin ein politisches Endorsement Melonis zugunsten Trumps. Der Multimilliardär ist schließlich einer seiner wichtigsten Unterstützer. Und da Meloni und Musk eine herzliche Beziehung pflegen, könnte sie in ihm vielleicht einen Brückenbauer sehen, sollte Trump die Wahl gewinnen.

Die Ungewissheit darüber, wer nächstes Jahr im Weißen Haus sein wird, könnte auch erklären, warum sich Italiens Einstellung zur Ukraine geändert hat. Zumindest scheint die bisherige bedingungslose Unterstützung zu bröckeln. Ein paar Tage vor der UNO-Generalversammlung hatte das EU-Parlament mit großer Mehrheit der Ukraine erlaubt, EU-Waffen gegen militärische Ziele auf russischem Gebiet einzusetzen. Die Mehrheit der italienischen Abgeordneten, darunter auch die von Melonis Fratelli d'Italia, stimmte aber dagegen.

Überzeugungen gegen Wirtschaftsinteressen

Was Meloni auf Distanz zu Trump gehen lässt, hat viel mit der Wirtschaft zu tun. Denn aus Sicht der italienischen Unternehmen wäre ein Harris-Sieg besser. Sollte Trump siegen und wie angekündigt die Einfuhrzölle um zehn Prozent erhöhen, hätte das spürbare Folgen auch für die italienische Wirtschaft. Schließlich sind die USA nach Deutschland der wichtigste Exportmarkt für Italien.

Auch das Thema Beitragszahlungen der NATO-Mitglieder wäre wieder auf dem Tisch. Denn Italien ist weit davon entfernt, wie mit den NATO-Partnern vereinbart, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Italien lag laut dem jüngsten NATO-Bericht im Jahr 2022 bei 1,51. Das dürfte für Ärger mit Trump sorgen. Der droht damit, im Ernstfall, etwa durch einen Angriff Russlands, den Staaten nicht zu helfen, die nicht ausreichend in die Verteidigung investieren.

Wenn am Donnerstagabend die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem informellen Gipfel in Budapest zusammentreffen, wird die US-Wahl zwar vorbei sein, aber womöglich noch kein Sieger feststehen. Schade eigentlich, denn das wäre die Gelegenheit, sich ein Bild über die Reaktionen der Staaten zu machen - und in welche Richtung sich Meloni tatsächlich bewegt.

Quelle: ntv.de

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