Politik

Ruhani verurteilt Holocaust Iran will über Atomprogramm reden

Irans Präsident Ruhani schlug andere Töne als Vorgänger Ahmadinedschad an.

Irans Präsident Ruhani schlug andere Töne als Vorgänger Ahmadinedschad an.

(Foto: AP)

Irans Präsident Ruhani spricht zum ersten Mal vor den UN - und unterstreicht den Willen der Islamischen Republik zum Kurswechsel. Zentraler Punkt: Sein Land strebe nicht nach Atomwaffen, da diese nicht mit der Religion vereinbar seien. Deutlich wie nie setzt sich Ruhani zudem in einem anderen Punkt von seinem Vorgänger ab.

Der neue iranische Präsident Hassan Ruhani hat in seiner ersten Rede vor den Vereinten Nationen die zivile Ausrichtung des Atomprogramms seines Landes betont. Von Iran gehe "absolut keine Gefahr für die Welt" aus, sagte Ruhani bei der UN-Generaldebatte in New York. Atomwaffen hätten "keinen Platz" in der iranischen Sicherheitspolitik. Sein Land sei vielmehr ein "Anker der Stabilität in einer Region der Instabilität". Zudem sicherte er für die Verhandlungen über sein umstrittenes Atomprogramm volle Transparenz zu. Teheran sei bereit zu "sofortigen Gesprächen", die aber zeitlich befristet und zielorientiert sein müssten, sagte Ruhani.

Die Aussagen nähren die Hoffnungen des Westens auf eine Öffnung Irans und auf ein Abrücken von nationalistischen Tönen. Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad galt als Hardliner in Atomfragen, der zudem für Alleingänge seines Landes stand. Ruhani erklärte dagegen nun, sein Land strebe eine "konstruktive" Zusammenarbeit mit anderen Staaten an.

Allerdings machte der neue Präsident keine konkreten Angebote im Streit um das Atomprogramm seines Landes. Der Westen wirft der Führung in Teheran vor, insgeheim nach Atomwaffen zu streben. Die internationale Gemeinschaft hat daher scharfe Sanktionen gegen Iran verhängt.

Beendigung der Sanktionen als Ziel

Der als gemäßigt geltende Ruhani wurde bei der iranischen Präsidentenwahl im Juni zum Nachfolger von Mahmud Ahmadinedschad bestimmt. Im Wahlkampf hatte er damit geworben, er wolle die unter den internationalen Sanktionen leidende iranische Wirtschaft stärken und die Spannungen mit dem Westen verringern. Zuletzt sendete Ruhani im Streit um das Atomprogramm versöhnliche Signale.

Als mächtigste Person gilt in der Islamischen Republik Iran allerdings nicht der Präsident - sondern das geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei. Doch auch dies scheint für den möglichen neuen Kurs Ruhanis keine Einschränkung zu sein. "Die sogenannte iranische Bedrohung ist nur eine ausgedachte Bedrohung", sagte er und fügte hinzu, Atomwaffen seien gegen die religiöse Überzeugung des Landes.

Handschlag mit Frankreichs Präsident Francois Hollande - aber der so wichtige mit US-Präsident Barack Obama blieb aus.

Handschlag mit Frankreichs Präsident Francois Hollande - aber der so wichtige mit US-Präsident Barack Obama blieb aus.

(Foto: AP)

Außenminister Guido Westerwelle begrüßte den ersten Auftritt Ruhanis vor der UN-Vollversammlung. "Die Tonlage ist völlig neu. Insoweit ist auch Grund für vorsichtigen Optimismus", sagte er. Nach einem Treffen mit dem iranischen Präsidenten sprach Westerwelle von einem "konstruktiven Gespräch". Themen waren neben bilateralen Beziehungen auch der Streit um das iranische Atomprogramm und der Konflikt in Syrien. Der Iran gilt als einer der wichtigsten Partner von Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

Am Rednerpult gab es von Ruhani jedoch nicht ausschließlich Versöhnliches zu hören. So griff er indirekt die USA an, in dem er sich gegen Angriffe mit unbemannten Flugzeugen aussprach. "Der Einsatz von Drohnen gegen Unschuldige im Namen des Kampfes gegen Terrorismus muss verurteilt werden." Der Versuch, der Welt westliche Werte überzustülpen, sei eine "Fortsetzung des Kalten Krieges".

Trotzdem erschien Ruhanis Rede im Gegensatz zu den Auftritten von Irans Ex-Präsident Ahmadinedschad als behutsam. Dieser hatte in den vergangenen Jahren bei der UN-Vollversammlung immer wieder mit Tiraden gegen Israel und die USA provoziert. Westliche Delegationen verließen dabei immer wieder aus Protest den Saal.

"Verbrechen der Nazis verdammenswert"

Von Ruhani gab es am Rande der UN-Vollversammlung dagegen auch einige neue Töne auf die Frage, ob er den Holocaust als Tatsache akzeptiere: "Ich bin kein Historiker und wenn es darum geht, über die Dimensionen des Holocaust zu sprechen, dann sind es die Historiker, die darüber zu reflektieren haben."

Entsprechend der Übersetzung von CNN fügte Ruhani dann jedoch hinzu: "Allgemein kann ich Ihnen sagen, dass jedes Verbrechen, das in der Geschichte gegen die Menschlichkeit verübt wird, das Verbrechen der Nazis an den Juden eingeschlossen, verwerflich und verdammenswert ist. Was auch immer sie den Juden angetan  haben, wir verurteilen es. Die Tötung von Menschen ist  verabscheuungswürdig." Dies gelte unabhängig davon, ob es sich "um  Christen, Juden oder Muslime" handele.

Ruhani grenzte sich damit deutlich von seinem Vorgänger Ahmadinedschad ab, der die NS-Verbrechen immer wieder angezweifelt hatte, Israel das Existenzrecht absprach und dem Erzfeind die baldige Vernichtung voraussagte.

Ruhani äußerte sich nun deutlich gemäßigter, aber ebenfalls kritisch zur Staatsgründung Israels nach dem Zweiten Weltkrieg. Es  könne nicht argumentiert werden, "dass die Nazis Verbrechen gegen eine Gruppe begangen haben und diese Gruppe deshalb das Land einer  anderen Gruppe an sich reißen und besetzen muss", sagte Ruhani. Ein solches Vorgehen sei zu verurteilen.

Netanjahu warnt

Trotz der neuen Rhetorik aus Teheran zeigte sich Israel unmittelbar vor der mit Spannung erwarteten Rede Ruhanis skeptisch und warnte vor einem Täuschungsmanöver.  Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte Ruhanis Rede "zynisch und voller Heuchelei". Ruhani habe bei der Generaldebatte in New York über Menschenrechte gesprochen, während "iranische Truppen an dem riesigen Gemetzel an Zivilisten in Syrien beteiligt" seien, erklärte Netanjahu. Mit Blick auf das iranische Atomprogramm warf er Ruhani vor, der Iran spiele auf Zeit, "um seine Fähigkeiten zur Herstellung von Atomwaffen auszubauen".

Israel hat Ruhani bisher vorgeworfen, sich seit seinem Amtsantritt nicht deutlich genug von der israelfeindlichen Rhetorik seines Amtsvorgängers abgegrenzt zu haben. Erst vergangene Woche habe sich Ruhani so wie sein Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad geweigert, den Holocaust als historische Tatsache anzuerkennen, schrieb Netanjahu auf Facebook. "Wenn die iranische Führung aufhört, den Holocaust am jüdischen Volk zu leugnen und aufhört, zur Zerstörung des jüdischen Staates aufzurufen, und wenn sie Israels Existenzrecht anerkennt, dann wird auch die israelische Delegation ihre Reden vor der Vollversammlung anhören", so Netanjahu.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP/rts

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