Libyen lässt humanitären Korridor zu UN will Eingeschlossenen helfen
18.04.2011, 21:48 Uhr
Misrata steht massiv unter Beschuss der Gaddafi-Truppen.
(Foto: REUTERS)
Die Lage der Verzweifelten in der eingekesselten Rebellenbastion Misrata wird sich möglicherweise bald entspannen. Die libysche Regierung will einen Korridor für humanitäre Hilfen zulassen. Die ersten knapp 1000 geschwächten Menschen werden bereits aus der Stadt geschafft. Dennoch liegt die Stadt weiter unter Beschuss von Gaddafis Truppen.
In der von Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi belagerten Rebellenhochburg Misrata sind nach wie vor tausende Ausländer von schweren Kämpfen eingeschlossen. Die libysche Regierung erklärte sich zur Schaffung eines humanitären Korridors für Helfer der Vereinten Nationen bereit. Der UN-Sprecher Farhan Haq sagte in New York, dies sei Teil einer Vereinbarung, den die UN-Vizegeneralsekretärin für humanitäre Angelegenheiten, Valerie Amos, mit Regierungsvertretern in Tripolis erzielt habe. Laut Haq erklärte sich die libysche Regierung einverstanden, dass die UN in der Hauptstadt Tripolis einen Stützpunkt für humanitäre Hilfe einrichten. Auch sollen Helfer nach UN-Angaben Zugang zu der umkämpften Stadt Misrata erhalten.
"Sie haben sich einverstanden erklärt, den Transport humanitärer Hilfsgüter und humanitären Personals zu erleichtern und die Einreise internationaler Mitarbeiter zu erlauben", sagte Haq über die Gespräche der UN-Vertreterin in Tripolis. "Die libysche Regierung hat gesagt, sie werde einen ungehinderten Zugang über die tunesische Grenze nach Libyen bis hin nach Tripolis garantieren und sie sagte, sie werde humanitären Helfern die sichere Durchreise in Gegenden unter Regierungskontrolle ermöglichen."
Besetzung keine Option
Trotz wachsender Probleme der Gaddafi-Gegner ist eine Invasion oder Besetzung Libyens nach Worten des britischen Premierministers David Cameron weiterhin kein Thema. "Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir zu den Bedingungen der Resolution des UN-Sicherheitsrates stehen müssen", sagte er dem britischen Sender Sky News. Er räumte allerdings ein, dass die Bedingung, keine Bodentruppen einzusetzen, den Einsatz erschwere. Die Alliierten müssten nun überprüfen, wie Zivilisten noch besser geschützt werden könnten, sagte Cameron.
Der Vorsitzende des Rebellenrates, Mustafa Abdel Dschalil, trifft am Dienstag in Rom ranghohe Vertreter Italiens. Das ist der erste Besuch Dschalils im Ausland. Er wird in Rom mit Staatspräsident Giorgio Napolitano, Ministerpräsident Silvio Berlusconi und Außenminister Franco Frattini zusammenkommen. Vor dem Libyen-Konflikt hatte Berlusconi enge Beziehungen zu Gaddafi gepflegt. Nach Beginn des Aufstandes war Italien das dritte Land, das den Übergangsrat der Rebellen als einzigen legitimen Repräsentanten Libyens anerkannte.
Derweil setzen Gaddafis Truppen den Raketenbeschuss von Misrata unvermindert fort. Die Stadt 210 Kilometer östlich von Tripolis wird seit sieben Wochen von den Regierungssoldaten belagert. Die humanitäre Lage gilt als kritisch, obwohl es zuletzt gelang, mit Schiffen Hilfslieferungen in den Hafen zu bringen.
Tausende warten auf ihre Abreise
In Misrata fehlt es nach Amos' Worten an Lebensmitteln, Medikamenten und Trinkwasser. Am Montag gingen in der belagerten Stadt nach UN-Angaben rund 900 Menschen - vor allem Ghanaer und verletzte Libyer - an Bord von Schiffen, um nach Bengasi gebracht zu werden. Mehr als 3000 Ausländer warteten noch verzweifelt darauf, in Sicherheit gebracht zu werden.
Auch Großbritannien kündigte Hilfe für die eingeschlossenen Gastarbeiter in Misrata an. Sie sollten mit Hilfe der International Organisation for Migration in Sicherheit gebracht werden. Zudem werde man wichtige medizinische Hilfe in Libyen finanzieren, sagte Entwicklungshilfeminister Andrew Mitchell bei einem Besuch bei den Vereinten Nationen in New York.
Waffen nur zu "Vorführungszwecken"
Die Aufständischen widersprachen auch Berichten, wonach sie von Katar und anderen Staaten der Anti-Gaddafi-Allianz schwere Waffen erhalten haben sollen. "Was hier bei uns ankam, war nur zu Vorführungszwecken und ist nicht einmal funktionstüchtig", sagte der Militärsprecher der Aufständischen, Ahmed al-Bani, am in Bengasi.
Unter den Aufständischen wächst zwei Monate nach Beginn des Aufstandes gegen Gaddafi die Enttäuschung darüber, dass die NATO-geführte Allianz den Rebellen nicht Waffen und Ausbilder schickt. Außerdem sind viele der Aufständischen der Meinung, die NATO müsste die Regierungstruppen mit Luftangriffen so weit bedrängen, dass diese die Belagerung Misratas beenden. Manche fordern auch, dass Frankreich die Führung des internationalen Militäreinsatzes von der NATO übernehmen sollte.
Flugzeuge der internationalen Truppen flogen am Sonntag über Libyen 60 Kampfeinsätze und zerstörten nach Angaben der NATO eine Reihe wichtiger Ziele. Seit Übernahme der Einsatzleitung zum Monatsbeginn habe es bereits 1110 Kampfeinsätze gegeben.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP