Politik

Syrische Rebellen suchen Ausweg USA erwägen Bewaffnung

Seit Monaten kämpfen Assads Truppen in Homs gegen Oppositionelle.

Seit Monaten kämpfen Assads Truppen in Homs gegen Oppositionelle.

(Foto: dpa)

Zwei weitere Journalisten sind tot. Seit Beginn der Proteste ließen insgesamt über 7600 Menschen in Syrien ihr Leben. Russland fordert einen Dialog mit der Regierung Assads und lehnt die Bewaffnung der Rebellen kategorisch ab. Genau dies erwägen aber die USA. "Damaskus schuldet uns eine Antwort", giftet derweil Frankreichs Außenminister.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew und sein iranischer Kollege Mahmud Ahmadinedschad haben sich nach Kremlangaben besorgt über die "dramatische Lage" in Syrien geäußert. Während eines Telefonats "betonten sie die Notwendigkeit, die Gewalt zu beenden, einen konstruktiven Dialog zwischen den Machthabern und der Opposition ohne irgendwelche Vorbedingungen zu beginnen". Das teilte der Pressedienst von Medwedew mit. Nötig seien in Syrien politische und sozial-ökonomische Reformen in einer ruhigen Lage und im Interesse aller Syrer.

Die Opposition selbst sieht das offenbar anders. Nach deren Einschätzung zeichnet sich eine militärische Intervention als einzige Lösung für den Konflikt ab. "Es gibt zwei Übel: Eine Militärintervention oder ein sich hinschleppender Bürgerkrieg", sagte Basma Kodmani, Führungsmitglied der größten Oppositionsgruppe Syrischer Nationalrat (SNC) in Paris. Wenige Tage vor der für Freitag geplanten internationalen Syrien-Konferenz in Tunis schlossen die USA eine Bewaffnung der Rebellen nicht mehr aus. Russland warnte davor. "Das führt nur zu einer Aufheizung der Lage", sagte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow in Moskau. Russland lehne weiter jede Form von Gewalt ab, betonte er.

Russland, das wegen seines Vetos gegen eine UN-Resolution zu Syrien in der Kritik steht, bemühte sich zugleich um freies Geleit für Hilfskonvois in die seit Wochen von Regierungstruppen belagerten Städte. 

Frankreich fordert Antwort von Assad   

Colvin besuchte auch libysche Rebellen in Misrata.

Colvin besuchte auch libysche Rebellen in Misrata.

(Foto: REUTERS)

In der seit Wochen heftig umkämpften syrischen Oppositionshochburg Homs waren zuvor bei einem Granatenangriff zwei westliche Journalisten getötet worden. Die US-amerikanische Kriegsreporterin und der französische Fotograf hatten nach Angaben von Aktivisten in dem Stadtteil Baba Amro ein Medienzentrum der Regime-Gegner besucht, als das Gebäude attackiert wurde. Zwei weitere Journalisten, ein Brite und eine Französin, seien bei dem Dauerbeschuss des Viertels verletzt worden.

Bei den Getöteten handelt es sich um die US-Amerikanerin Marie Colvin, die für die britische "Sunday Times" tätig war, und den für die Agentur IP3 Press arbeitenden französischen Fotoreporter Rémi Ochlik. Die französische Tageszeitung "Le Figaro" bestätigte, dass ihre Reporterin Edith Bouvier unter den Verletzten ist. Ein Journalist aus Großbritannien soll ebenfalls verwundet worden sein. "Das ist absolut erschütternd", kommentierte der französische Kulturminister Frédéric Mitterrand die Berichte aus Homs.

Verantwortlich für den Tod sind nach Ansicht der französischen Regierung Syriens Behörden. Damaskus schuldet uns eine Antwort", betonte der französische Außenminister Alain Juppé. Wie Russland forderte er erneut einen Sicherheitskorridor, um den Verletzten mit Unterstützung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz medizinische Hilfe leisten zu können. Ihr Zustand sei besorgniserregend, betonte er. Die Reaktion der syrischen Regierung auf diesen Appell sei bisher nicht zufriedenstellend gewesen.

Medienzentrum gezielt attackiert?

Der britische Premierminister David Cameron würdigte bei einer Rede im Parlament den Einsatz der langjährigen Krisenreporterin Colvin. Ihr Tod mache erneut die Risiken deutlich, die Journalisten auf sich nähmen, um über die furchtbaren Ereignisse in Syrien zu berichten, sagte er. Oppositionsführer Ed Miliband sagte, die journalistische Gemeinde habe "eines ihrer feinsten und furchtlosesten Mitglieder" verloren.

Die New Yorkerin Marie Colvin berichtete für englischsprachige Medien von vielen Brennpunkten der Welt.

Die New Yorkerin Marie Colvin berichtete für englischsprachige Medien von vielen Brennpunkten der Welt.

(Foto: AP)

Oppositionelle hatten eine Gruppe von Journalisten vor zwei Tagen nach Baba Amro eingeschleust, um ihnen die Berichterstattung aus der Hochburg der Protestbewegung zu ermöglichen, wie Aktivist Omar Homsi sagte. Die Organisation Reporter ohne Grenzen äußerte in einer Erklärung die Vermutung, dass das Medienzentrum auch absichtlich angegriffen worden sein könnte. Es sei bekannt gewesen, dass dort regelmäßig Journalisten seien. Den Angaben nach schlugen elf Raketen am Morgen in dem Gebäude ein.

Das Regime von Baschar al-Assad hat seit Beginn der Massenproteste vor fast einem Jahr eine Medienblockade verhängt. Ausgewählte ausländische Journalisten dürfen nur mit Aufpassern des Informationsministeriums durch das Land reisen. Ressortchef Adnan Mahmud sagte nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana, dass die Regierung keine Informationen über die Anwesenheit der ausländischen Journalisten in dem Land hatte.

Bereits im Januar war in Syrien der französische Journalist Gilles Jacquier ums Leben gekommen. Er wurde bei einem Mörserangriff in Homs getötet, als er in Begleitung staatlicher Aufpasser ein Viertel von Anhängern Assads besucht hatte. Die französische Justiz leitete ein Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Tötung ein.

Helfer fordern Waffenruhe

Das Rote Kreuz hatte am Morgen noch einmal seine Forderung nach einer Waffenruhe bekräftigt. "Die gegenwärtige Situation macht eine sofortige Entscheidung nötig, die Kämpfe aus humanitären Gründen auszusetzen", erklärte der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, in Genf. In Homs und anderen Gebieten Syriens "sitzen ganze Familien seit Tagen in ihren Häusern fest, ohne nach draußen zu können, um Brot, andere Nahrung oder Wasser besorgen oder medizinische Hilfe bekommen zu können", erklärte er. Am Mittwoch starben erneut landesweit mindestens 57 Menschen, wie Aktivisten berichteten, die meisten in Homs.

Seit Beginn der Proteste gegen Staatschef Baschar al-Assad vor knapp einem Jahr wurden nach neuesten Angaben von Menschenrechtlern mehr als 7600 Menschen getötet. Unter den insgesamt 7636 Toten seien mehr als 5500 Zivilisten, erklärte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Zudem seien fast 1700 Soldaten und Sicherheitskräfte sowie fast 400 Deserteure getötet worden.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP/rts

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