79.000 Unterschriften gegen Sauerland Umstrittener OB bleibt im Amt
17.10.2011, 13:45 Uhr
Sauerland will nicht zurücktreten.
(Foto: dapd)
Knapp 15 Monate nach der Loveparade-Katastrophe muss der Duisburger Oberbürgermeister Sauerland wegen des Unglücks um sein Amt bangen. Die Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" legt mehr als 79.000 Unterschriften für ein Abwahlverfahren vor. Einen freiwilligen Rücktritt lehnt der OB ab.
Gut ein Jahr nach dem steht der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) wegen des Unglücks vor einem Abwahlverfahren. Die Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" legte mehr als 79.000 Unterschriften für ein solches Verfahren vor. Laut NRW-Gemeindeordnung reichen 55.000 gültige Stimmen. Die Kritiker machen Sauerland für die Genehmigung der Techno-Party im Juli 2010 verantwortlich, bei der 21 Menschen in einer Massenpanik erdrückt und Hunderte verletzt wurden.

Kurz vor Sauerlands Auftritt: Mitglieder der Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" übergeben im Rathaus Unterschriften zur Abwahl des OB.
(Foto: dpa)
Die politische Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe hatte Sauerland nie übernommen. Er könne besser bei der Aufklärung helfen, wenn er im Amt bleibe, hatte Sauerland immer gesagt.
Bei dieser Linie bleibt er auch nach Vorlage der Unterschriften. "Ich bin gewählt bis zum Jahre 2015 und werde so lange Oberbürgermeister sein, bis es ein anderes demokratisches Votum gibt", sagte Sauerland im Rathaus von Duisburg. Während des kurzen Statements gab es Pfiffe, Buhrufe und Zwischenrufe wie "Schäm Dich".
Das sei ein "Tiefpunkt von politischer Moral", sagte der Sprecher der Bürgerinitiative, Theo Steegmann. Die Unterschriftensammlung schade nicht dem Ruf der Stadt - im Gegenteil: "Wir haben angefangen, der Stadt die politische Würde zurückzugeben."
Ergebnis wird am 12. Dezember verkündet
Die Unterschriften werden nun öffentlich ausgezählt und in den folgenden Wochen auf ihre Gültigkeit überprüft. Dafür verlangt die Stadt beispielsweise eine vollständige Adresse der Unterzeichner mit Hausnummer. Am 12. Dezember wird bei einer Ratssitzung offiziell das Ergebnis der Stimmenauszählung verkündet. Bei mindestens 55.000 gültigen Stimmen muss dann innerhalb von drei Monaten das Abwahlverfahren stattfinden.
Wegen der Genehmigung der Loveparade und des Ablaufs ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 16 Beschuldigte, darunter zahlreiche städtische Mitarbeiter. Sauerland ist aber nicht darunter.
Kommt es - wie allgemein erwartet - zum Abwahlverfahren, müssen mindestens 92.000 Bürger dafür stimmen. Das ergibt sich aus der Gemeindeordnung. Sie schreibt vor, dass die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen für die Abwahl votiert. Zweite Hürde: Die Zahl dieser Abwahlstimmen muss mindestens 25 Prozent der rund 368.000 Duisburger Wahlberechtigten erreichen. Ist das der Fall, muss Sauerland seinen Sessel räumen. Angesichts der großen Mobilisierung in den vergangenen drei Monaten gebe es dafür große Chancen, sagte Steegmann: "Wir brauchen 92.000 Stimmen und die kriegen wir auch."
Bürgerinitiative schreibt Geschichte
Die Duisburger Initiative ist nach Angaben von "Mehr Demokratie NRW" die erste in Nordrhein-Westfalen zur Abwahl eines Oberbürgermeisters. Im vergangenen Jahr hatte im Duisburger Stadtrat ein Antrag auf Abwahl Sauerlands die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt.
Seit dem vergangenen Frühjahr können in Nordrhein-Westfalen auch die Bürger die Einleitung eines Abwahlverfahrens gegen einen Oberbürgermeister betreiben. Eine entsprechende Änderung der Gemeindeordnung hatte der Düsseldorfer Landtag im Mai verabschiedet.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP