Politik

Neue Hartz-IV-Verwaltung Union bläst zum Widerstand

Die Union stellt den von Bund und Ländern nach monatelangem Ringen ausgehandelten Kompromiss zur Neuordnung der Jobcenter infrage. Der geschäftsführende Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach sich gegen die Einigung aus, wie eine Sprecherin mitteilte und damit einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" bestätigte. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz will die Organisationsreform für die Betreuung der fast sieben Millionen Hartz-IV-Bezieher einschließlich einer vorgesehenen Grundgesetzänderung in der ersten März-Hälfte durch das Bundeskabinett bringen. Widerstand kommt aber auch aus der FDP, auf deren Zustimmung im Bundesrat die Koalition angewiesen ist.

In einem Reuters vorliegenden Brief an die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, Jürgen Rüttgers (CDU) und Kurt Beck (SPD), äußerte Scholz die Erwartung, "dass das parlamentarische Verfahren nun zügig eingeleitet und zum Erfolg geführt werden kann". Die drei Politiker hatten den Kompromiss ausgehandelt. Anlass war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2007, das eine unzulässige Vermischung der Aufgaben von Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit (BA) in den Jobcentern festgestellt hatte. Bis spätestens Anfang 2011 muss die Betreuung der Hartz-IV-Empfänger daher neu organisiert werden. Da die Umstellung der Behörden vor Ort Zeit braucht, muss die Reform noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden.

Grundgesetzänderung in Artikel 86

Aus den etwa 350 Jobcentern sollen dem Kompromiss zufolge öffentlich-rechtliche Anstalten werden, in der sich Kommunen und Arbeitsagenturen weiterhin die Aufgaben teilen. Für die neuen "Zentren für Arbeit und Grundsicherung" (ZAG) soll in einem neuen Grundgesetz-Artikel 86a geregelt werden, dass Bund und Länder bei der Hartz-IV-Umsetzung "in gemeinsamen Einrichtungen (Anstalten des öffentlichen Rechts) zusammenwirken" können.

In Unionskreise wurde nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" aber kritisiert, ein verfassungswidriges Gesetz dürfe nicht korrigiert werden, indem man einfach die Verfassung ändere. Zudem würde der Kompromiss die im Zuge der Föderalismusreform beschlossene klare Aufgabenteilung unterlaufen. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise dürfe man überdies die Jobcenter nicht mit Umstrukturierungen belasten, die auf Kosten der Betreuung von Arbeitslosen gehen könnten.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bemängelte, dass sich Scholz weigere, die Zahl der Optionskommunen zu erweitern, die Hartz-IV-Empfänger in Alleinregie betreuen. Der am Dienstag verbreitete Gesetzentwurf sieht nur eine Bestandsgarantie für die 69 bestehenden Optionskommunen über 2010 hinaus vor. Zum Verhalten der FDP im Bundesrat sagte Niebel aber nichts.

Betreuung aus einer Hand

Die neuen ZAG sollen die Hartz-IV-Bezieher aus einer Hand betreuen, wobei BA und Kommunen jeweils für ihre eigenen Aufgaben zuständig und weisungsberechtigt bleiben. So bleibt die BA vor allem für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II und die Vermittlung in den Arbeitsmarkt verantwortlich, während die Kommunen die Wohnungs- und Mietkosten erstatten und für soziale Belange wie etwa Schuldner- und Suchtberatung aufkommen müssen.

Streit zwischen Bund und Ländern hatte es vor allem über die Einflussmöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit (BA) gegeben. Aus Sicht der Länder gewährleistet der nun gefundene Kompromiss "weniger Zentralismus und mehr Handlungsspielraum auf Landesebene", wie ein an den Verhandlungen Beteiligter sagte. Die bayerische Arbeitsministerin Christine Haderthauer kündigte aber weiteren Beratungsbedarf in diesem Punkt an. Sie betrachte die weitgehenden Weisungsbefugnisse der BA als "höchst problematisch", erklärte die CSU-Politikerin.

Auch der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund machten Nachbesserungsbedarf geltend. Die Rolle der Kommunen müsse gestärkt werden. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sprach von einem "unzureichenden Kompromiss" zulasten der Beschäftigten in den Jobcentern. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände kritisierte die Neuregelung als "Fehlschuss", der auf eine "Zwangsverheiratung von Kommunen und Arbeitsagenturen in einem Bundessozialamt" hinauslaufe.

Quelle: ntv.de

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