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Özdemir in der Kritik Werbeverbot für "ungesunde" Lebensmittel: Geht der Minister zu weit?

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Özdemir will Werbung für "ungesunde" Lebensmittel unterbinden.

Özdemir will Werbung für "ungesunde" Lebensmittel unterbinden.

(Foto: picture alliance/dpa)

Zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viel Salz - das soll es künftig für Minderjährige nicht mehr geben, wenn es nach Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir geht. In der Ampelkoalition und bei verschiedenen Medien stößt das Vorhaben auf Kritik.

Schon seit einiger Zeit plant Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ein Gesetz, das Werbung für "ungesunde" Lebensmittel unterbinden soll. Nun liegt ein Referentenentwurf vor, der die Gemüter erhitzt.

Mit dem Verbot für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung zielt Özdemir vor allem auf gesundheitliche Aspekte ab. "15 Prozent der Kinder und Jugendlichen bei uns sind übergewichtig, sechs Prozent leiden unter Adipositas oder sind adipös. Das zeigt, dass wir da dringend Handlungsbedarf haben", erklärt Özdemir. Werbung, so heißt es im Gesetzesentwurf, habe einen "maßgeblichen und nachhaltigen Einfluss" auf Kinder. Aber genau das ist sehr umstritten.

Ist die Werbung tatsächlich schuld am Übergewicht von Minderjährigen? Eine Antwort dazu liefert ein Gutachten des Deutschen Lebensmittelverbandes. Kurzum: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Werbung und Übergewicht. Wissenschaftliche Grundlagen, die für ein Werbeverbot sprächen, seien "falsch interpretiert" worden und wiesen "methodische Schwächen" auf, so die Kernergebnisse des wissenschaftlichen Gutachtens.

"Das Werbeverbot geht zu weit"

Der Entwurf sieht vor, dass Werbung für ungesunde Lebensmittel im Fernsehen, im Hörfunk und in weiteren digitalen Medien deutlich eingeschränkt werden soll. Was ungesund ist, definiert das Landwirtschaftsministerium mit Grenzwerten. So sind Joghurt und Käse nur zwei Beispiele für rund 80 Prozent der Lebensmittel, die als "ungesund" eingestuft werden könnten.

Schwere Auswirkungen hätte das Gesetz vor allem für private Medienunternehmen: "Wir leben ja allein von der Werbung. Wir haben keine Gebührengelder", erklärt Stefan Schmitter, Geschäftsführer Programm & Marken bei RTL. Das aktuelle Programm wäre dann nicht mehr umsetzbar. "Das Werbeverbot geht auch deshalb zu weit, weil es nicht nur kinderspezifische Werbung betrifft." Unterm Strich dürften dann hauptsächlich nur noch unverarbeitete Lebensmittel beworben werden - Fleisch, Fisch und Gemüse. Die finanzielle Existenz privater Medien wäre damit enorm bedroht. Die Öffentlich-Rechtlichen wären hingegen kaum betroffen, denn sie bekommen Rundfunkgebühren.

FDP kritisiert Gesetzentwurf

Der Vorstoß des Bundeslandwirtschaftsministers kommt auch in der Ampelkoalition nicht gut an. FDP-Politiker Thomas Hacker stellt klar: "Das geht über das Ziel hinaus." Der Bundestagsabgeordnete bezweifelt, dass ein politisches Eingreifen in die Werbung "den gewünschten Effekt hätte". Schließlich wären nach der aktuellen Gesetzesvorlage knapp "80 Prozent der Lebensmittel" betroffen, wie Hacker anmerkt.

Laut Hacker müsste an anderen Stellschrauben gedreht werden. Statistiken würden verdeutlichen, dass die Quoten übergewichtiger Kinder "immer annähernd gleich" ausfielen. Lediglich während der Corona-Pandemie habe es "einen kleinen Ausschlag nach oben" gegeben. Hacker führt das Übergewicht vielmehr auf Bewegungsmangel zurück, der während der Pandemie besonders ersichtlich wurde. Den Effekt der Werbung in diesem Zusammenhang gelte es zu hinterfragen, so Hacker.

Noch wurde das Gesetz nicht verabschiedet. Zwar steht das Thema im Koalitionsvertrag, derzeit scheint es allerdings unwahrscheinlich, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet wird.

In Großbritannien hat ein Werbeverbot keine Veränderungen bewirkt. Im Gegenteil: Die Kinder sind im Durchschnitt noch dicker geworden.

Quelle: ntv.de

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