FDP-Politiker fordern Rücktritt Westerwelle bleibt in Schusslinie
25.08.2010, 14:07 Uhr
Angezählt? Westerwelle gerät in seiner Partei immer stärker unter Druck.
(Foto: dpa)
Die FDP streitet weiter heftig über die Rolle ihres Vorsitzenden. Neben Hessen verlangen auch die Liberalen aus dem Saarland den Rücktritt Westerwelles als Parteichef. Dass solle er auch selbst erkennen, "bevor der Schaden noch größer wird". Führende Spitzenliberale stellen sich aber hinter ihren Parteichef.
In der FDP wird die Debatte über einen möglichen Rücktritt von Guido Westewelle als Parteichef weiter angeheizt. Westerwelle solle sich auf das Amt des Außenministers konzentrieren, sagte der Generalsekretär der saarländischen FDP, Rüdiger Linsler. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle stellte sich in der "Bunten" gegen entsprechende Forderungen aus den eigenen Reihen.
"Wir hätten ohne ihn bei der letzten Wahl nicht fast 15 Prozent erreicht", sagte Brüderle, der auch FDP-Vize ist, mit Blick auf Westerwelle. Brüderle appellierte an die Partei, den FDP-Chef und Vizekanzler zu unterstützen: "Wir stehen in guten Zeiten zusammen und auch in schwierigen." Brüderle wird gelegentlich als möglicher Übergangsvorsitzender gehandelt.
Demgegenüber bezeichnete es Linsler in der "Saarbrücker Zeitung" als "notwendigen Schritt", dass Westerwelle den Parteivorsitz abgibt. Er wünsche sich, "dass Guido Westerwelle dies selbst erkennt, bevor der Schaden an der FDP noch größer wird", sagte Linsler. Wenn die FDP auf Bundesebene jetzt nicht die Reißleine ziehe, würden Landes- und Kommunalpolitiker unter dem Bundestrend leiden und bei anstehenden Wahlen "um die Früchte ihrer Arbeit vor Ort gebracht".
Hahn bekräftigt Kritik
Der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn, der sich ebenfalls kritisch zur Doppelfunktion von Westerwelle geäußert hatte, verteidigte zudem seine Haltung. Seine Kritik sei als "freundschaftliches Schubsen" gemeint, sagte er dem Hessischen Rundfunk. Wenn dies in internen Gesprächen nicht erfolgreich sei, werde er "auch ein bisschen über die Medien gehen". Er werde dies aber nicht ständig wiederholen. "Entweder wird der Ruf in Berlin gehört und es gibt Veränderungen, oder ich werde wieder schweigen", sagte Hahn.
Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki forderte Hahn auf, sich zukünftig mit Kritik an Parteichef Guido Westerwelle zurückzuhalten. "Ich kann die Frustration von Hahn verstehen, aber die wöchentlich wiederkehrende Kritik an Guido Westerwelle führt zu nichts", sagte Kubicki dem "Hamburger Abendblatt". "Es steht dem Kollegen Hahn eigentlich nicht zu, den Parteivorsitzenden aufzufordern, sich zu bestimmten Themen nicht zu äußern", fügte er hinzu. Die Probleme, die die FDP in Deutschland derzeit habe, seien zudem nicht allein auf Westerwelle zurückzuführen. "Wer das annimmt, der irrt."
Kein Ersatz in Sicht
In der Bundespartei wird die innerparteiliche Kritik an Westerwelle mit Sorge registriert. Von einem baldigen Verzicht Westerwelles auf den Parteivorsitz könne aber keine Rede sein, heißt es.
Vor allem - so wird auch in Kreisen der FDP-Bundestagsabgeordneten betont - gebe es kurzfristig keine Alternativen zur derzeitigen FDP-Spitze. Dass Generalsekretär Christian Lindner oder Gesundheitsminister Philipp Rösler bald die Parteiführung übernehmen könnten, gilt als unwahrscheinlich. Beide gelten als loyal zum Parteichef.
Nach der parteiinternen Kritik und den anhaltend schlechten Umfragewerten hat sich Westerwelle inzwischen bereit erklärt, mit der Parteibasis auf mehreren Regionalkonferenzen zu diskutieren. Den Auftakt bildet am 12. September ein Treffen in Siegburg, es folgen Termine in Ulm, Schwerin und Halle an der Saale. Für den 24. Oktober ist zudem eine große Kreisvorsitzendenkonferenz in der Berliner Parteizentrale geplant.
Westerwelle unbeeindruckt
Westerwelle sieht allerdings bislang keinen Anlass für Kurskorrekturen, um die FDP aus ihrem Umfrageloch wieder herauszuholen. "Die Zustimmung zur FDP wird sehr schnell wieder steigen, wenn die guten Ergebnisse auch unserer Politik immer sichtbarer werden", hatte er am Montag nach der ersten Sitzung des FDP-Präsidiums nach der Sommerpause erklärt. "Das sind nur Momentaufnahmen."
Zur Kritik an seiner eigenen Person sagte er: "Ich bin durch sehr tiefe Umfragetäler schon gewandert, ich habe schon wunderbare Höhen bei Wahlergebnisse erleben dürfen. Eines hat mir diese Zeit auch gezeigt: Wenn man etwas als richtig erkannt hat, dann muss man beharrlich an seinem Kurs auch festhalten."
Quelle: ntv.de, tis/rts/dpa/AFP