Politik

Terror gegen Deutschland? "Wie vor 9/11"

Die Gefahr von Selbstmordanschlägen in Deutschland hat sich nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums verschärft. Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) warnte am Freitag in Berlin vor solchen Attentätern auch in der Bundesrepublik. Deutschland sei, wie andere Staaten auch, vor allem wegen des Engagements in Afghanistan seit geraumer Zeit "im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus". Im Herbst soll der Bundestag über eine Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr entscheiden. Schäuble sagte, Deutschland müsse seinen Auftrag fortsetzen, und dürfe sich nicht "von Verbrechern herausbomben lassen".

Sicherheitsexperten halten die Lage für so ernst wie zuletzt vor den Terroranschlägen von New York und Washington 2001. Ein Mann aus Rheinland-Pfalz ist wegen Terrorverdachts in Pakistan festgenommen worden. Der Deutsche, der einen Migrationshintergrund habe, wohne in der Südpfalz, arbeite in Karlsruhe und habe Verbindungen zur Terrorszene, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) am Freitag dem Südwestrundfunk (SWR). Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass in Rheinland-Pfalz ein Terrornetzwerk entstanden sei. Näheres werde derzeit ermittelt. Beim Ministerium in Mainz war zunächst niemand für weitere Informationen zu erreichen.

Eine Person sei in Deutschland bereits als "Gefährder" aufgefallen. Medienberichten zufolge sind mindestens zehn Personen aus Deutschland ausgereist, die ebenfalls diesem Spektrum zugerechnet werden.

"Konkrete Terrorgefahr"

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte: "Es gibt eine Verbindung in den afghanisch-pakistanischen Raum ... und wieder zurück." Nach den Worten Schäubles gibt es Hinweise, dass im Grenzbereich zwischen Afghanistan und Pakistan Terroristen ausgebildet werden. Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach spricht inzwischen von einer "konkreten" Terrorgefahr für Deutschland. "Ich glaube, dass man nicht länger sagen kann, dass wir 'nur' eine abstrakte Gefahr haben", sagte er bei n-tv.

Dagegen erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg, man habe weiter keine Hinweise auf eine konkrete Gefahr. Ziercke sagte ebenfalls, es gebe derzeit keine konkreten Ansätze für Anschläge oder Anschlagsorte. Vor allem in Afghanistan bestehe eine hohe Gefährdung für deutsche Soldaten oder Helfer. Dies hätten Anschläge und Drohungen der radikalislamischen Taliban in den vergangenen Monaten gezeigt. Sowohl das Innenministerium als auch Bosbach riefen die Bevölkerung zu erhöhter Wachsamkeit auf, warnten aber vor Panik.

Schäuble wie Bosbach betonten: "Die Überwachung der Kommunikation ist lebensnotwendig." Sie bekräftigten die Forderung der Union, rasch eine gesetzliche Grundlage für die umstrittenen Online-Durchsuchungen von Computern zu schaffen. Bosbach betonte, dass das Internet eine überragende Rolle bei der Kommunikation der Terroristen spiele. Es müsse regelmäßig kontrolliert werden.

Die Union will die Möglichkeiten der Behörden zur so genannten Online-Durchsuchung deutlich ausweiten. Dies stößt auch in den Reihen des Koalitionspartners SPD auf erhebliche Bedenken. Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz hielt dem entgegen, es müsse erst geprüft werden, ob dieses neue Ermittlungsinstrument "zur Terrorismus-Abwehr geeignet und verfassungsrechtlich verantwortbar" sei. Zurzeit ist beim Bundesverfassungsgericht eine Klage anhängig gegen die Erlaubnis für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz, Computer heimlich auszuspähen.

Beunruhigendes Video

Nach weiteren Medienberichten ist der Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, August Hanning, über ein Video beunruhigt, das am 9. Juni aufgenommen und dem US-Sender ABC zugespielt wurde. Es zeigt Mansur Dadullah, den Bruder des erst vor kurzem getöteten Taliban-Militärchefs, der ein Trainingslager voller kampfbereiter junger Männer in Afghanistan besucht. Die Männer sagen in dem Video, sie wollten sich als Selbstmordattentäter opfern und seien auf dem Weg nach Kanada, Großbritannien und Deutschland.

In der Umgebung der afghanischen Hauptstadt Kabul wurde am vergangenen Samstag ein Angriff auf einen Konvoi mit deutschen Botschaftsfahrzeugen verübt. Bei der Attacke seien keine Insassen zu Schaden gekommen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Eines der Fahrzeuge sei bei dem "Zwischenfall" aber zerstört worden.

Quelle: ntv.de

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