Gericht vertagt Prüfungstermin Zeitspiel im Fall Timoschenko?
15.05.2012, 12:13 Uhr
Vor dem Gericht fanden sich Unterstützer Timoschenkos ein.
(Foto: AP)
Ein Gericht soll überprüfen, ob das Urteil gegen Ex-Regierungschefin Timoschenko rechtens ist. Doch auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird der Termin nun um Wochen verschoben. Der offizielle Grund: Die Oppositionspolitikerin kann nicht persönlich erscheinen. Die Anwälte der 51-Jährigen vermuten, dass die ukrainische Justiz bewusst verzögere.
Im Fall der inhaftierten ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hat ein Gericht in Kiew die Prüfung des Urteils auf den 26. Juni verschoben. Kurz nach Beginn der Verhandlung setzte die höchstrichterliche Instanz den neuen Termin an, nachdem die Staatsanwaltschaft wegen Abwesenheit der erkrankten Oppositionsführerin dies beantragt hatte.
Die Verteidigung von Timoschenko warf der Justiz vor, angesichts politischer Drohungen der EU vor der Fußball-Europameisterschaft im Juni auf Zeit zu spielen. Mehrere westliche Politiker hatten angekündigt, der Ex-Sowjetrepublik wegen des umstrittenen Umgangs mit Timoschenko fernzubleiben. Auch die EU-Kommission hatte geschlossen einen Reiseverzicht zur Euro 2012 erklärt. Der neue Verhandlungstermin liegt nur wenige Tage vor dem Finale des sportlichen Großereignisses.
Timoschenko will unter Berufung auf Verfahrensmängel erreichen, dass die im Oktober 2011 verhängte siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs aufgehoben wird. Die 51-Jährige wird seit einigen Tagen im Beisein eines deutschen Arztes in einer Klinik außerhalb des Straflagers in Charkow behandelt. Nach einem Hungerstreik habe sich ihr Zustand dank der Therapie gebessert, teilten die Behörden mit.
Timoschenko will nicht warten
Der ukrainische Regierungschef Nikolai Asarow wurde in Brüssel zu politischen Gesprächen erwartet. Er hatte allerdings mehrfach den Westen davor gewarnt, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen.
Der Anwalt Timoschenkos, Sergej Wlassenko, kündigte an, das höchstrichterliche Urteil in Kiew nicht abzuwarten. Er werde den Fall nun direkt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bringen. Die Straßburger Richter können allerdings nur prüfen, ob die Rechte der Politikerin eingehalten wurden.
Richter will neue Unterlagen studieren
Eine Freilassung Timoschenkos, wie sie international gefordert wird, noch vor der gemeinsam mit Polen ausgetragenen Euro 2012 galt angesichts der neuen Entwicklung als ausgeschlossen. Der neue Termin gebe aber auch Zeit für das Studium zusätzlicher Unterlagen, sagte Richter Stanislaw Mischtschenko nach Angaben der Agentur Interfax.
Der Prozess hatte unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen begonnen, weil Anhänger Timoschenkos vor dem Gerichtsgebäude die Freiheit für die Politikerin forderten. Die EU und die USA haben das Verfahren als politisch motiviert kritisiert und Timoschenkos Freilassung gefordert.
Quelle: ntv.de, dpa