Keine Gnade in Weißrussland Zweites Todesurteil vollstreckt
18.03.2012, 08:09 UhrAuch der zweite angebliche Attentäter von Minsk ist hingerichtet worden - wann, das teilen die Staatsmedien in Weißrussland nicht mit. Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow sollen den Anschlag auf die U-Bahn von Minsk verübt haben. Die Bundesregierung nennt Weißrussland ein "Unrechtsregime".

Am Ort des Anschlags legt eine junge Frau Blumen für Kowaljow nieder. Am Samstag war noch nicht bekannt, dass auch Konowalow hingerichtet wurde.
(Foto: dpa)
Auch das zweite Todesurteil gegen die angeblichen U-Bahn-Attentäter von Minsk ist vollstreckt worden. Das berichten die staatlichen Medien in Weißrussland. Zum Zeitpunkt der Hinrichtung machten der Sender ONT und die amtliche Nachrichtenagentur Belta keine Angaben. Nach Darstellung der weißrussischen Justiz haben die beiden 26-jährigen Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow im April 2011 in der Minsker Metro ein Attentat verübt.
Am Samstag hatte zunächst nur Kowaljows Mutter ein Schreiben des Obersten Gerichts vorgelegt, wonach das Urteil vollstreckt sei. Die EU und die Bundesregierung hatten scharf gegen die Hinrichtung protestiert. Weißrussland gilt als letzte Diktatur Europas.
Weißrussland ist auch das letzte Land in Europa, das die Todesstrafe vollstreckt. Offizielle Statistiken zur Zahl der Hingerichteten gibt es nicht. Nach Angaben des inzwischen nach Deutschland geflohenen früheren Scharfrichters des Landes wird den Gefangenen von hinten in den Kopf geschossen, anschließend werden sie an einem unbekannten Ort begraben.
Scharfe Kritik aus dem Kanzleramt
"Aus meiner Sicht ist der Gedanke unerträglich, dass dieses Unrechtsregime durch die Austragung der Eishockey-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr, die ein persönliches Anliegen Lukaschenkos ist, eine besondere Auszeichnung erfährt", erklärte Kanzleramtschef Ronald Pofalla. Die Bundesregierung hatte nach eigenen Angaben ganz erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Der Gerichtsprozess war nach Einschätzung von Beobachtern voller Widersprüche und ohne überzeugende Beweise.
Bei dem Anschlag vor einem Jahr waren 15 Menschen getötet und etwa 300 verletzt worden. Nach dem Anschlag gab es Spekulationen, die Regierung selbst könnte für die Tat verantwortlich sein, um ein hartes Vorgehen gegen innenpolitische Gegner zu rechtfertigen.
Mutter kann Sterbeurkunde abholen
Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Wjasna erhielt Kowaljows Mutter am Freitag einen kurzen Brief vom Obersten Gerichtshof des Landes. Darin sei sie darüber informiert worden, dass das Todesurteil gegen ihren Sohn vollstreckt worden sei und sie die Sterbeurkunde abholen könne. Keine Angaben wurden demnach dazu gemacht, ob auch die Leiche an die Familie übergeben werden soll.
Die Mutter Kowaljows hatte unermüdlich für das Leben ihres Sohns gekämpft. Sie appellierte an den UN-Menschenrechtsrat, bat den weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko um Gnade und reiste zum Europarat nach Straßburg. "Unserer Mutter geht es jetzt sehr schlecht, sie kann nicht sprechen", sagte die Tochter am Samstag. "Wir werden nicht aufhören, wir werden Wladislaws Ehre wiederherstellen", fügte sie hinzu.
Kowaljow hatte auf nicht schuldig plädiert und erklärt, ein früheres Geständnis sei unter Druck zustande gekommen. Konowalow dagegen hatte sich schuldig bekannt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP