Rösler im Interview "Daumenschrauben härter anlegen"
02.09.2011, 12:34 UhrWirtschaftsminister Rösler ist auf der IFA unterwegs - doch auch hier beschäftigt ihn die Euro-Krise. Eine härtere Gangart hinsichtlich der Defizitkritierien schwebt dem FDP-Chef im Interview mit n-tv vor, wenn er an die Gemeinschaft denkt.
Wirtschaftsminister Rösler ist auf der IFA unterwegs - doch auch hier beschäftigt ihn die Euro-Krise. Eine härtere Gangart hinsichtlich der Defizitkritierien schwebt dem FDP-Chef vor, wenn er an die Gemeinschaft denkt.
n-tv: Wir sind hier auf der IFA in Berlin. Wie wichtig ist die Branche für den Standort Deutschland?
Philipp Rösler: Die Branche ist enorm wichtig. Es gab eine Untersuchung von McKinsey, die belegt hat, dass in den Jahren 2004 bis 2009 aufgrund der digitalen Welt unser Wachstum um 25 Prozent gestiegen ist. Also, der Anteil am Wachstum der digitalen Welt ist groß - und das hat natürlich enorme Bedeutung auf letztlich jede Branche in Deutschland.
Nun zur großen Politik. Finanzminister Schäuble will als Antwort auf die Euro-Krise einen neuen EU-Vertrag mit weitreichenden Kompetenzen für die EU in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Machen Sie da mit?
Wir haben ja einen Weg vorgeschlagen, auch als FDP. Wir wollen den Weg gehen in eine Stabilitätsunion. Und wichtiger als neue Gremien und Institutionen ist uns, dass man sich verständigt auf eine Schuldenbremse, auf Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in den jeweiligen Volkswirtschaften. Das kann man natürlich auch in einem Vertrag gemeinsam vereinbaren. Aber wichtig ist, dass jeder Staat selber nochmal sagt: Jawohl, wir wollen eine Schuldenbremse in die Verfassung. Wir sind bereit, uns härteren Kriterien zu unterwerfen als die, die bisher diskutiert werden. Ich könnte mir persönlich auch vorstellen, dass wir die Defizitkriterien nochmals reduzieren, also nochmals härter die Daumenschrauben anlegen und gleichzeitig aus meiner Sicht auch härtere und automatische Sanktionen auf den Weg bringen.
Was Griechenland betrifft, da sagen jetzt inzwischen selbst Experten des griechischen Parlaments, die Haushaltssituation, die Verschuldungssituation des Landes sei völlig außer Kontrolle. Wie lange ist das Land noch in der Eurozone zu halten?
Zunächst einmal muss jetzt klar sein: das, was vereinbart wurde, auch zwischen den Regierungschefs, muss jetzt schnellstmöglich umgesetzt werden, damit diese Maßnahmen auch wirken können, um kurzfristig die Eurozone auch zu stabilisieren. Und wir sind ja gerade auch als Bundeswirtschaftsministerium dabei, mit anderen dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft wieder wachsen kann. Darum wird es am Ende gehen. Da müssen die Hausaufgaben auf griechischer Seite gemacht werden - Rechtssicherheit, klare Reformen. Und dann werden auch die Investoren kommen. Aber das muss die Reihenfolge sein, die Hausaufgaben in Griechenland, und dann können wir auch von Seiten der Wirtschaft, von Seiten der deutschen Politik unseren Beitrag zur Stärkung der griechischen Volkswirtschaft leisten. Wichtig ist die Reihenfolge.
Nochmal nachgefragt: Wie lange ist das Land noch in der Eurozone zu halten?
Ich glaube, wir müssen jetzt alles dafür tun, dass unsere gesamte Währung stabilisiert wird und daran muss man sich orientieren.
80 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass das Schlimmste bei der Eurokrise noch bevorsteht, diese also noch nicht bewältigt ist. Ist das nicht ein miserables Zeugnis für das Krisenmanagement der Bundesregierung?
Viele Menschen fragen sich zu Recht: Wohin geht die Reise in Europa? Die kurzfristigen Rettungsmaßnahmen reichen aus meiner Sicht nicht aus, sondern sie müssen sich auf Bundesebene in Deutschland auf diese Stabilitätsunion verständigen. Das sind ja Begrifflichkeiten, die auch die Bundeskanzlerin genauso vertritt wie auch die FDP als Koalitionspartner. Und jetzt geht es darum, auf europäischer Ebene die Frage zu beantworten: Wie stellen wir uns Europa in den nächsten fünf bis zehn Jahren dann vor? Dafür müssen die Weichen gestellt werden - und dann kann wieder Beruhigung eintreten, auf den Märkten, vor allem aber bei den Menschen.
Bis Ende September muss jetzt der Bundestag über die Erweiterung der Kompetenzen des Euro-Rettungsfonds entscheiden. Was passiert, wenn Schwarz-Gelb keine eigene Mehrheit zustande bekommt? Ist das das Ende der Regierung Merkel?
Wir sind in das Gelingen verliebt, nicht in das Scheitern. Ich glaube, der FDP war immer wichtig, dass das Haushaltsrecht des Parlamentes, das Königsrecht des Parlamentes. immer auch gewahrt bleibt. Das Parlament muss das letzte Wort haben. Dafür haben wir jetzt in dieser Woche ja entscheidende Beschlüsse gefasst. Ich glaube, das ist ein guter Beweis und Beleg dafür, dass wir gemeinsam mit dieser Regierungsmehrheit natürlich auch die notwendigen Maßnahmen auf europäischer Ebene auf den Weg bringen werden.
Quelle: ntv.de