Jamestown-Jubiläum Indianer werden übergangen
08.05.2007, 10:30 UhrDie Vereinigten Staaten gedenken in diesen Tagen mit Pomp und Prominenz der Gründung von Jamestown in Virginia vor 400 Jahren. Auch Virginias Indianer erinnern sich - allerdings an wenig Gutes.
Während in den Geschichtsbüchern die erste dauerhafte englische Siedlung in Amerika als "Wiege der USA" verewigt ist, verbinden die Ureinwohner des Kontinents mit ihr eher den Anfang vom Ende ihrer Jahrtausende alten Art zu leben. "Eine ganze Nation wurde ausgelöscht", sagt der Häuptling des Chickahominy-Stammes, Stephen Adkins. "Eine Nation, die Freundschaft schließen wollte mit den Fremden, und die dann durch die Hand derselben Fremden starb."
Als die 104 Siedler am 14. Mai 1607 auf der kleinen Halbinsel am Ufer des James-River landeten, beherrschte der mächtige Häuptling Powhatan mit einer Allianz mehrerer Stämme einen großen Teil des heutigen US-Bundesstaates Virginia. Das Verhältnis von Neuankömmlingen und Indianern geriet zum Wechselbad - mal trieben sie miteinander Handel, mal lieferten sie sich erbitterte Kämpfe. Nach Jahrzehnten der Gegenwehr mussten sich die Ureinwohner geschlagen geben - nicht nur der militärischen Übermacht, sondern auch den zahlreichen Krankheiten, die die Europäer eingeschleppt hatten. Später dann hatten auch die Indianer unter Virginias Rassentrennung zu leiden.
Heute gibt es im ganzen Bundesstaat gerade noch zwei Indianer-Reservate, Pamunkey ist eines davon. 85 Menschen leben dort am gleichnamigen Fluss in geduckten Ziegelhäusern. "Dies ist ein kleines Stück Land, das sie uns nicht weggenommen haben", berichtet der stellvertretende Häuptling der Pamunkey, Warren Cook. Der Stamm verweigerte sich den offiziellen Gedenkfeiern vom 11. bis 13. Mai, auch weil er fürchtete, durch seine Teilnahme den Anschein von Harmonie zu wecken. "Sie hätten gerne, dass wir die kleinen, guten Indianer sind, aber das wollen wir nicht sein", sagt Cook.
Andere Ureinwohner Virginias hingegen sehen das Jamestown-Jubiläum als Chance, Gehör zu finden. Denn die acht Stämme, die als erste mit den Siedlern aus England Kontakt hatten, zählen zu den letzten, die die US-Regierung noch immer nicht anerkannt hat. Damit ist ihnen Zugang zu Geld und Hilfsprogrammen verwehrt. Kongressmitglieder machen sich derzeit für eine Gesetzesinitiative stark, das zu ändern. "Es wäre ja fast kriminell, an die Siedlung zu erinnern und nicht zugleich die Stämme anzuerkennen, die ihr das Überleben gewährt haben", sagt der Abgeordnete James Moran.
"Wir fühlen uns in diesem Land als Indianer zweiter Klasse", klagt auch der Häuptling der Upper Mattoponi, Kenneth Adams. "Eigentlich ist es ironisch, denn ohne die Hilfe der Indianer Virginias 1607 hätte Jamestown nicht überdauert." Ein Urteil, das Historiker teilen: Hätte Häuptling Powhatan gewollt, hätten seine Krieger mit den Siedlern im Handumdrehen kurzen Prozess machen können.
(Anne Walters, dpa)
Quelle: ntv.de