Dossier

Regierung will glänzen Slowenien empfängt die EU

Seit Anfang Dezember ist es fertig, das futuristische Konferenzzentrum auf dem Staatsgut Brdo, 30 Kilometer nördlich der Hauptstadt Ljubljana. Wo einst der jugoslawische König Urlaub machte und später dem kommunistischen Staatsgründer Tito die kapitalsten Wildtiere vor die Flinte getrieben wurden, sollen die wichtigsten EU-Treffen der nächsten sechs Monate stattfinden. Die unter schwerem innenpolitischem Druck stehende Regierung Sloweniens hofft durch den erwarteten internationalen Glanz auf ein wenig Entlastung.

Eigentlich gilt die kleine Alpenrepublik als Musterknabe: Erstes demokratisches Land nach der Trennung vom kommunistischen Jugoslawien (1991), Mitglied der Europäischen Union (EU) und der NATO (2004), Einführung des Euro und Beitritt zum Schengenraum (2007).

Jetzt übernimmt Slowenien als erstes ehemaliges kommunistisches Land die EU-Präsidentschaft. Hinzu kommt die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Mit unter fünf Prozent gab es nie weniger Arbeitslose, das Wirtschaftswachstum beträgt annähernd sechs Prozent.

Inflation bremst Euphorie

Und dennoch schwindet die Zustimmung der zwei Millionen Slowenen zu ihrer Regierung dramatisch. In der letzten Meinungsumfrage im Dezember kam die Mitte-Rechts-Regierung von Janez Jansa nur noch auf 32 Prozent - weniger Unterstützung denn je seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren. Einen Hauptgrund für dieses schwindende Vertrauen sehen die heimischen Kommentatoren in der hohen Inflationsrate von zuletzt 5,7 Prozent. Das bedeutet unangefochten Platz eins im Euroland. Die Geldentwertung zieht Proteste der Beschäftigten zur Durchsetzung höherer Löhne nach sich.

Eine Wahlschlappe musste die Regierung auch bei der Wahl des neuen Staatspräsidenten hinnehmen, als ihr konservativer Kandidat Lojze Peterle sang- und klanglos gegen den Linksvertreter Danilo Türk unterging. Zurzeit ist die Regierung in Skandale, Skandälchen, echte sowie vermeintliche Affären in der Wirtschaftspolitik verstrickt. Doch die viel beschworene "Slowenien AG" - ganz ähnlich wie die frühere "Deutschland AG" - ist immer noch weitgehend intakt.

Zensur und kommunistische Seilschaften

Mit Abstand die meisten Misstöne ruft die Medienpolitik der Regierung hervor. Besonderes Aufsehen erregten politische Eingriffe bei der wichtigsten Tageszeitung "Delo", wo sich regierungskritische und regierungsfreundliche Chefredaktionen die Türklinke in die Hand gaben. Ein Paukenschlag war die Petition von fast 600 Journalisten, die sich gegen die Einschränkung ihrer Arbeit beschwerten, Zensurversuche eingeschlossen. Die Beschwerde ging an viele EU-Regierungen und EU-Institutionen.

Für die Regierung hingegen ist der Fall klar. Aus ihrer Sicht stehen die Medien des Landes weitgehend unter dem Einfluss der Mitte-Links-Opposition und prügeln deshalb auf die Jansa-Riege ein. Es handele sich um eine "Rufmordkampagne gegen das eigene Land". Nach dieser Lesart stehen hinter der Opposition die alten kommunistischen Seilschaften, die sich in die demokratische Zeit hinübergerettet haben und heute über weite Strecken auch die großen Wirtschaftsunternehmen kontrollieren. Jansa hat angekündigt, gegen diese, Tycoon genannten Unternehmenschefs vorzugehen. Zuerst will er aber gestärkt aus der EU-Präsidentschaft hervorgehen.

Von Igor Bergant, dpa



Quelle: ntv.de

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