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"Pack die Badehose ein ..."Strandbad Wannsee wird 100

06.05.2007, 12:48 Uhr

Zu seinem 100. Geburtstag am 8. Mai hat sich das Strandbad Wannsee fein herausgeputzt.

Zu seinem 100. Geburtstag am 8. Mai hat sich das Strandbad Wannsee fein herausgeputzt. Nach bald 20 Jahren drohenden Verfalls haben der Berliner Senat und die Stiftung Denkmalschutz die "Badewanne" der Hauptstädter für rund 12,5 Millionen Euro wieder aufpoliert. Das berühmte Panorama- und Sonnendeck des größten deutschen Binnenseebads wurde neu gefliest, der Sand des gut 1.200 Meter langen Strands fein gesiebt. 260 Strandkörbe stehen bereit und sind bis in die letzten Bastritzen gewienert, die Wege am Grunewaldhang hinunter zum Restaurant "Lido" frisch asphaltiert. "Das Flaggschiff von historischer Bedeutung ist wieder schön", sagt der frühere Landeskonservator Helmut Engel zum "Neustart" der Berliner Institution.

Nur die Gastronomie tut sich noch schwer. Für das einst so bekannte "Lido" hat sich während der bald dreijährigen Sanierung noch kein Pächter gefunden. Die Kenner wundert das nicht: Es war schon immer Tradition, dass die Karawanen der Strandbad-Besucher Kaffee und Tee von zu Hause in Thermoskannen dabei hatten und aus mitgebrachten Behältern belegte Stullen und reichlich Grießbrei mit Kirschsirup oder zerstoßene Erdbeeren mit Milch verzehrten.

Ruhig wie in der Lüneburger Heide

Es sind die Geschichte und die Tradition, die Strandbad-Chef Axel Ott rundweg optimistisch für die 100. Saison und die Zukunft stimmen. "Ich mache mir auch keine Sorgen wegen der zunehmenden Konkurrenz der neumodischen Strandbars in der Stadtmitte. Die Leute gehen da gerne mal hin, sollen sie auch, und dann kommen sie alle wieder zu uns", sagt er.

Seit 36 Jahren ist Ott als eine Art "Mädchen für alles" der Mann, der das Bad am Laufen hält. "So um die 15 Kilometer täglich bin ich bestimmt unterwegs." Es sei auch die Weite des Bades, die die Leute seit jeher anlockt. "Hier kann jeder ohne Ellenbogeneinsatz so lange schwimmen wie er will, und ein Plätzchen so ruhig wie in der Lüneburger Heide findet auch jeder."

Dies kann allerdings nicht an jedem Tag garantiert werden. Bis zu 50.000 Besucher tummelten sich an den besten Tagen in dem Bad. Fernziele wie Rimini und Mallorca entdeckten die Berliner später als andere Großstädter in Deutschland. Lange Zeit vergaßen die Nachkriegsgenerationen und später die Berliner im ummauerten Westteil der Millionenstadt ihre Sorgen im Strandbad Wannsee.

Jahrzehntelang begleitete sie der Ohrwurm des früheren Kinderstars Cornelia Froboess ("Pack' die Badehose ein, nimm Dein kleines Schwesterlein und dann nischt wie raus nach Wannsee..."), den auch jetzt wieder viele Rundfunkleute zur Anmoderation ihrer Geburtstagstexte auflegen werden. Im Ostteil dürfte sich mancher dagegen eher an eine DDR-Satire erinnern, in der es spöttisch hieß "und der Ami schießt am Wannsee...". Nach dem Mauerfall entdeckten die West-Berliner das Umland, viele blieben dem Wannsee aber treu.

Eintritt für 100 Cent

"Die Erinnerungen sind in jedem Fall wichtig. Wir haben es gut geschafft, den ursprünglichen Zustand wieder herzurichten", sagt Helmut Engel von der Stiftung Denkmalschutz. Auch Vorstand Klaus Lipinsky von den Berliner Bäder-Betrieben, die sich mit den Denkmalschützern zum Teil heftig stritten, nun aber auf Druck von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) doch eine gemeinsame Geburtstagsparty für den 12. Mai vereinbarten, zieht eine positive Bilanz: "Das Werk ist gelungen, am 8. Mai laden wir die Berliner und Touristen zum Sonderpreis von 1 Euro - 100 Cent für 100 Jahre - nach Wannsee ein."

KaDeWe, Adlon, Wannsee

Ein bisschen stolz sei er schon, dass das Strandbad in einer Reihe steht mit dem KaDeWe und dem Adlon, die ebenfalls in diesem Jahr 100. Geburtstag feiern. Denkmalschützer Engel macht da mehr Unterschiede aus. "Das Kaufhaus und das Luxushotel sind eher hoch kapitalistische Leuchttürme Berlins, das Strandbad Wannsee war aber immer mehr für die eher kleinen Leute da."

Von Hans-Rüdiger Bein, dpa