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Zwischenruf Adieu, mon commandant!

Sarkozy hat eine gewaltige Aufgabe vor sich.

Sarkozy hat eine gewaltige Aufgabe vor sich.

(Foto: REUTERS)

Frankreichs Staatspräsident Sarkozy wirft seinen Hut in den Ring. Gewinnen könnte er – vielleicht –, wenn er die Stimmen des rechtsradikalen Front National auf sich zieht. Die werden ihren Tribut fordern. Die Kanzlerin sollte sich weitere Wahlkampfauftritte an der Seite von Sarkozy gut überlegen.

Ein "commandant", ein Kapitän, sei er, drum könne er das Schiff nicht verlassen in diesen schweren Zeiten. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bemüht ein eher simples Bild, um die Franzosen von der Notwendigkeit seiner neuerlichen Kandidatur für das höchste Amt in unserem Nachbarland zu überzeugen. Denn er will ja alle ansprechen. Nicht nur die Rechte, nicht nur die Linke, sondern das ganze französische Volk. Ob die Metapher von einem Wahlvolk mit quer durch die Parteien höchsten linguistischen Ansprüchen goutiert wird, ist fraglich.

Speedy Sarko, wie er in Anlehnung an eine Comicfigur aus den Warner Studios ob seiner politischen Schnellschüsse oft genannt wird, präsentiert sich als der Beschützer in der Krise. Einer Krise, in die er sich mit seiner neoliberalen Politik selbst hineinmanövriert hat. Seine Berater hatten ihn vorab als "Großen Steuermann" dargestellt, mit ein paar kleinen Fehlern, wie sie nun jeder einmal hätte. Sarkozys Schmutzkampagne gegen seinen Lieblingsfeind Dominique de Villepin hätten ihm in Zeiten der Prosperität viele verziehen. Ebenso den L’Oreal-Spendenskandal. Auch den von einem reichen Kumpel bezahlten Luxusurlaub auf einer Yacht im Mittelmeer oder die außerehelichen Eskapaden, die schlussendlich in der Heirat mit Carla Bruni endeten. Aber in Krisenzeiten wird mit anderem Maß gemessen. Auch der Sozialabbau und das Libyen-Abenteuer haben den derzeitigen Hausherrn des Palais d’Élysée viel Sympathie gekostet. Vom gescheiterten Projekt einer Mittelmeerunion spricht heute kaum noch jemand. Aber der Versuch, sich neben der EU als Sonnenkönig einer Südallianz zu präsentieren, gehört zur Negativbilanz des Nicolas Sarkozy.

FN wird ihren Tribut einfordern

Als schließlich gar nichts mehr half, begrub Sarkozy seinen Tomahawk, den er immer wieder gegen Mme Merkel geschwungen hatte. Das Kunstwort Merkozy sollte die Harmonie zwischen dem politischen Paris und dem politischen Berlin beschwören. Genützt hat es dem nunmehrigen Kandidaten kaum. Der Fernsehauftritt mit der Bundeskanzlerin hat Sarkozy keinen Umfragezugewinn beschert. Sarkozy liegt auch nach dem "Tête-à-tête télévisuel" fünf Prozentpunkte hinter seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande. Angela Merkel sollte sich weitere Wahlkampfauftritte an der Seite Sarkozys im Interesse der künftigen deutsch-französischen Beziehungen besser verkneifen. Auch, weil Sarkozy entgegen seinen Beteuerungen, nun doch nach rechts schielt. Gewinnen könnte der Amtsinhaber nur, wenn er die Anhänger des rechtsradikalen Front National der Marine Le Pen auf seine Seite zieht. Die würden eher früher als später ihren Tribut einfordern: restriktive Einwanderungspolitik, "Säuberung" der Banlieues – wörtlich Bannmeile – geheißenen Problemvororte der Großstädte - mit dem Kärcher, wie Sarkozy es einst als Innenminister angedroht hatte.

"La France forte", ein starkes Frankreich, lautet Sarkozys Wahlslogan. Das wünschen sich Franzosen wie Deutsche. Allein mit Sarkozy reloaded scheint das kaum möglich. Also: Adieu, mon commandant.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist er Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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