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Hitziger Fünfkampf in NRW Spitzenkandidaten im Schulkrieg

Die fünf Kandidaten: Zimmermann, Kraft, Löhrmann, Rüttgers und Pinkwart im TV-Studio.

Die fünf Kandidaten: Zimmermann, Kraft, Löhrmann, Rüttgers und Pinkwart im TV-Studio.

(Foto: REUTERS)

Die TV-Debatte der Spitzenkandidaten verhärtet die Fronten zwischen Schwarz-Gelb sowie Rot-Grün und Rot. Ministerpräsident Rüttgers überrascht die FDP mit einer klaren Absage.

Am Ende konnten die Moderatoren doch noch einen Keil in die schwarz-gelbe Einheit treiben: "Wir schließen Steuersenkungen in diesem Jahr aus, und wir schließen sie im nächsten Jahr aus", setzte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers an. "Angesichts der Finanzkrise da draußen sehe ich auch für 2012 keine Möglichkeit, Steuern zu senken", fuhr er fort. Wie bitte, Herr Rüttgers? Das hatte die FDP doch erst am Wochenende als ihre maximale Kompromissbereitschaft beschlossen. Sollte der Ministerpräsident seinen liberalen Koalitionspartner mit der Absage überrascht haben, so ließ es sich Andreas Pinkwart jedenfalls nichts anmerken. Kein Wort des Protests war zu hören. Das war die knapp 90 Minuten davor allerdings meist anders gewesen.

Der Westdeutsche Rundfunk hatte zwei Tage nach dem Spitzenduell nun alle fünf Kandidaten der großen Parteien in NRW zu einer Fernsehdebatte eingeladen. Mit Blick auf die Landtagswahl sollten sie noch einmal ihre Positionen zuspitzen und den Wählern verraten, wer denn nun mit wem nach dem 9. Mai koalieren könnte. Und zugespitzt wurde: Im Gegensatz zum TV-Duell am Montag mit Ministerpräsident Rüttgers und SPD-Herausforderin Hannelore Kraft lieferten sich die Spitzen von CDU, FDP, SPD, Grünen und Linkspartei einen heftigen, teils lautstarken Schlagabtausch, der vor allem in der Bildungspolitik unversöhnliche Fronten offenbarte.

Der Kampf ums Schulsystem

Auf der einen Seite die schwarz-gelben Regierungspartner Rüttgers und Pinkwart, die angesichts der rot-grünen Pläne für Gemeinschaftsschulen vor "Schulchaos" und der "Abschaffung der Gymnasien" warnten. Gemeinsames Lernen will Rüttgers nur in Kindergärten und Grundschulen zulassen. Wenn SPD, Grüne und Linkspartei ihre Pläne verwirklichen würden, könnten Familien nicht mehr von einer Stadt in eine andere umziehen, weil es überall unterschiedliche Schulen gebe. FDP-Spitzenkandidat Pinkwart zog Hamburg und Berlin als Beispiele für schlechte Schulpolitik heran und pochte auf die Förderung leistungsstarker Schüler an Gymnasien: "Wer die Axt an die Gymnasien Deutschlands legt, legt die Axt an den Wissenschaftsstandort."

Auf der anderen Seite standen Rüttgers Herausforderin Kraft und die Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann, stets darum bemüht, sich von Linkspartei-Landeschef Wolfgang Zimmermann abzusetzen. Dennoch warben alle drei für längeres gemeinsames Lernen in der Schule, das die Linke sofort, SPD und Grüne nach und nach umsetzen wollen. "Kinder haben nicht die gleichen Chancen, wenn sie nach der vierten Klasse getrennt werden", sagte etwa Zimmermann. SPD-Frau Kraft pochte auf die Durchlässigkeit des Schulsystems ("Aufstieg durch Bildung") und versprach, die Zahl der Schüler auf maximal 25 pro Klasse zu senken. Löhrmann betonte, dass jede Schule selbst entscheiden solle, wie lange Schüler gemeinsam lernen. Der Umbau des Schulsystems solle zudem nur schrittweise erfolgen. "Wir wollen keine Hau-Ruck-Reform", sagte sie.

Die Fronten sind klar

Grüne und CDU kann man sich angesichts der heftigen Angriffe in der Schulpolitik nur schwer als Partner vorstellen.

Grüne und CDU kann man sich angesichts der heftigen Angriffe in der Schulpolitik nur schwer als Partner vorstellen.

(Foto: REUTERS)

Ähnlich unversöhnlich waren die Positionen bei Studiengebühren, die CDU und FDP behalten, die anderen Parteien abschaffen wollen. Die Linke wiederum sofort, die SPD "bis zur Mitte der Legislaturperiode". Auch beim Thema Mindestlohn verlief die Front zwischen Rot-Rot-Grün und Schwarz-Gelb, Linke und FDP jeweils als die Extreme der Pole. Wobei auch die Liberalen für faire Löhne seien, wie Pinkwart betonte. Nur vorgeben will er sie nicht.

Inhaltlich war das alles nicht neu, doch wer sich als Zuschauer noch einmal ein klares Bild der Wahlalternativen machen wollte, wurde nicht enttäuscht.

Was den Auftritt der fünf Spitzenkandidaten betrifft, gab es auch im Fünfkampf keinen echten Sieger. Ministerpräsident Rüttgers wirkte wie schon im Duell am Montag überraschend blass und leise. Bei manchen Kameraschwenks sah er ein bisschen abgekämpft, fast geistesabwesend aus, bis die Vorwürfe der Oppositionspartei überhand nahmen und der Protest aus ihm herausbrach. Die Hauptarbeit bei der Verteidigung der Regierungsarbeit sowie den Angriffen gegen SPD, Linke und Grüne übernahm sein Partner Pinkwart, der auch nicht die kleinste Behauptung im Raum stehen lassen wollte und den anderen notfalls auch mehrfach ins Wort fiel.

Löhrmanns Eingeständnis

Auf der anderen Seite übernahm die Spitzenkandidatin der Grünen über weite Strecken die Rolle der Oppositionsführerin. Löhrmann, die Renate Künast stimmlich wie optisch immer ähnlicher zu werden scheint, war deutlich aggressiver und angriffslustiger als Kraft. Sie griff vor allem Rüttgers immer wieder persönlich an. Kraft wurde erst im Lauf der Debatte forscher, suchte dann aber auch mit Rüttgers und Pinkwart den lautstarken Schlagabtausch. Zimmermann von der Linkspartei ging dazwischen oft etwas unter, so dass ihm zwischenzeitlich ausdrücklich Redezeit eingeräumt werden musste. Allerdings konnte er die Chance für ein pointiertes Statement nicht nutzen und verhaspelte sich zu allem Überfluss noch.

Zum Schluss der WDR-"Wahlarena" sollten die Parteien Farbe bekennen: Wer geht nach dem 9. Mai mit wem ins Bett - oder mit wem ist es völlig ausgeschlossen? Auch dort offenbarte sich keine Überraschung. CDU und FDP wollen Schwarz-Gelb, SPD und Grüne Rot-Grün, die Linke steht außen vor. Außer Jamaika ist aber nichts ausgeschlossen. Auf den Punkt brachte das Dilemma die Grüne Löhrmann: Was ist, wenn es für die Wunschkoalition nicht reicht? "Wir haben alle das gleiche Problem, jeder drückt sich drum." Das war mal eine ehrliche Antwort.

Quelle: ntv.de

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