Drohungen wie vor zehn Jahren (Un-)Wahrscheinlichkeit einer Iran-Attacke
07.11.2011, 12:32 UhrSeit Jahren wird über einen Krieg zwischen den Erzfeinden Israel und Iran spekuliert. Israels atomare Bewaffnung, die nie offiziell gemacht wurde, steht der atomaren Aufrüstung Irans gegenüber, die ebenfalls nur spekuliert wird. Ein Krieg zwischen beiden Ländern hätte unabsehbare Folgen. Aber ist so ein Krieg überhaupt absehbar?
An keiner Börse der Welt wird so viel spekuliert wie derzeit in Israel über einen bevorstehenden Angriff auf Iran. Innenpolitisch ambitionierte Ex-Experten, frühere Geheimdienstschefs, Generalstabschefs und Politiker profilieren sich mit Warnungen an die Regierung, wegen der verheerenden Folgen nur ja keinen Angriff auf Iran zu wagen.
Die öffentliche Diskussion ist in Wirklichkeit keine Diskussion, denn bisher hat sich noch kein Befürworter eines Angriffs auf Iran zu Wort gemeldet hat. Israels Regierung hüllt sich in Schweigen. Niemand hat behauptet, dass ein Angriff beschlossen worden wäre. Die vielzitierten Drohungen von Staatspräsident Schimon Peres, wonach "alle Optionen auf dem Tisch liegen", waren schon vor zehn Jahren zu hören. Solches Säbelrasseln gilt Europäern und Amerikanern, mit Sanktionen apokalyptische Wunschträume des Präsidenten Ahmadinedschad zu stoppen.
Schon wird diskutiert, ob ein israelischer Angriff die Mullahs im Iran stürzen oder stärken werde. Seit 1979, also seit 32 Jahren, wird der Sturz der Mullahs herbeigeredet. Dann gelten Luftmanöver über Sizilien als sicheres Zeichen für einen bevorstehenden israelischen Angriff. Doch die sind seit Jahrzehnten ebenso Routine wie Auftanken in der Luft und Langstreckenflüge.
"Staaten funktionieren rational"
Experten behaupten, dass Staaten "rational" funktionieren und nicht ihre eigene Zerstörung riskieren. Das klingt überzeugend, wenn es nicht schon einmal eine Kulturnation mitten in Europa gegeben hätte, die mit viel Rhetorik aus ideologischen Gründen den Juden die Auslöschung angesagt hatte und dann einen Weltkrieg anzettelte, der die eigene Zerstörung und Millionen Tote zur Folge hatte.
Niemand weiß, ob die iranische Rhetorik ernst ist und ob der Staat Israel um jeden Preis einen zweiten Holocaust durch einen Angriff auf Iran verhindern will. Israel könnte überraschen, wie 1981 mit dem Schlag gegen Saddam Husseins Atombombenfabrik Osirak im Irak. Aber echte Anzeichen dafür gibt es noch keine, außer Rhetorik gegen einen solchen Schlag.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de