Pressestimmen

Kosovo-Unabhängigkeit ist rechtens "Auf die Karte EU setzen"

Im Februar 2008 hatte der Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Auf Wunsch Serbiens hat sich jetzt der Internationale Gerichtshof mit dem Fall beschäftigt. Und die Richter stellen fest: Die Entscheidung des Kosovos ist mit dem Völkerrecht vereinbar. Der Konflikt mit Serbien ist damit nicht gelöst. Eine wirkliche Perspektive kann langfristig nur Europa bieten.

Ein Kosovoalbaner präsentiert nach der Unabhängigkeitserklärung seinen neuen Pass.

Ein Kosovoalbaner präsentiert nach der Unabhängigkeitserklärung seinen neuen Pass.

(Foto: dpa)

"Und wieder muss Serbien auf dem Amselfeld eine Niederlage hinnehmen", kommentiert die Landeszeitung aus Lüneburg. Dass der Internationale Gerichtshof die Unabhängigkeit Kosovos für rechtsmäßig erklärt, ist aus verschiedenen Gründen überraschend: "Weil die Richter eine unzweideutige Lehre aus der Geschichte gezogen haben. Weil sie Belgrad in dem Arm fallen bei dem Versuch, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Weil sie die EU dazu vergattern, sich endlich zu einigen. Weil die Juristen darauf verzichteten, eine vermittelnde Position einzunehmen, die eher geeignet gewesen wäre, den Balkan zu stabilisieren." Die Entscheidung, ob der Richterspruch die Region befriedet, liegt bei Belgrad. "Dazu muss Serbien nationalistischen Träumen abschwören und auf die Karte EU setzen. Anderenfalls gilt auch für dieses völkerrechtliche Gutachten der Seufzer eines britischen Diplomaten des 19. Jahrhunderts: 'Auf dem Balkan ist jede Entscheidung falsch'."

"Bis zum Überdruss behaupteten serbische Politiker, die Unabhängigkeit des Kosovos werde den Balkan zurück in den Abgrund von Krieg und Gewalt stürzen. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Die zweieinhalb Jahre seit der Proklamation von Pristina waren die ruhigsten und stabilsten, die der Region in den vergangenen beiden Dekaden vergönnt gewesen sind. Die Schaffung eines zweiten albanischen Staates hat in kaum zu überschätzendem Maße zur Stabilität des gesamten Balkans beigetragen." Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge sollte Belgrad daher die Niederlage von Den Haag nutzen und von seiner destruktiven Kosovo-Politik ablassen. Zwar verlange niemand, "dass Serbien zu den Ländern gehören müsse, die den Kosovo anerkennen. Aber es ist an der Zeit, einen pragmatischeren Kurs zu verfolgen."

"Im Fall der ehemaligen jugoslawischen Republiken war die Lossagung von Serbien eine Art Notwehr gegenüber dem machtbesessenen Nachbarn." Die Deister- und Westerzeitung (Hameln) zeigt sich aber zuversichtlich und sieht darin jedoch nur einen "Zwischenschritt" hin zu einer Wiedervereinigung unter anderen Bedingungen: "Denn nicht der Separatismus sorgt für Frieden und Wohlstand, sondern das Miteinander im großen Staatenbund. Darin markieren die alten Grenzen im Wesentlichen Verwaltungs- und Kultureinheiten, ansonsten aber dominieren die gemeinsamen Interessen und die einheitliche Lösung globaler Probleme. So werden die Slowenen, Kroaten, Bosnier, Montenegriner, Mazedonier, Kosovaren und Serben eines Tages in der Europäischen Union wieder nebeneinander sitzen und wie selbstverständlich miteinander agieren."

Die noch immer nicht völlig entspannte Lage auf dem Balkan kann nur durch Europa gelöst werden, meint auch die Frankfurter Rundschau: "So groß die Verbrechen der serbischen Seite in den Balkankriegen der vergangenen zwei Jahrzehnte waren, so unübersehbar war die Selbstausrufung der kosovarischen Unabhängigkeit vor zwei Jahren eine Provokation. Und die ethnisch-nationalistischen Verhärtungen bergen so viel Explosionsgefahr wie eh und je. Den Konflikt zwischen dem Recht der Staaten und dem der (ethnisch definierten) Völker wird kein Rechtsgutachten je lösen. Lösen kann ihn nur Europa. Und zwar, indem es allen Beteiligten eine Perspektive bietet zur Teilhabe an der EU."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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