Pressestimmen

Konzerne wollen AKWs loswerden "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren"

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Es wäre ein äußerst riskanter Deal für den Bund: Angeblich wollen die Energieriesen Eon, RWE und EnBW ihr Atomgeschäft an den Staat abtreten. Der trüge dann die Verantwortung für den Abriss der Meiler und die Lagerung des Atommülls. Für Kommentatoren ist dieser Plan ein Unding.

"Jetzt, da die Atomkraftwerke nach und nach abgebaut werden sollen, wird einiges klar", meint die Schwäbische Zeitung aus Ravensburg: "Die Risiken und Kosten, die Atomkraftgegner seit Jahrzehnten anprangern, existieren tatsächlich. Bis 2022, wenn das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen soll, müssen sie bezahlt werden - und noch lange Zeit darüber hinaus. All die damit verbundenen Kosten und Gefahren waren seit jeher bekannt - auch den Energiekonzernen. Als es die gesetzliche Lage noch erlaubte, hatten RWE, Eon und EnBW nicht nur jahrzehntelang kräftig am Atomstrom verdient, sondern obendrein auch noch Fördermittel aus Steuergeldern eingesackt. Wer Gewinne einnehmen kann, muss auch das damit verbundene Risiko tragen."

"Jetzt ist es raus: Der Atomstrom, der jahrzehntelang als billige Energiequelle gepriesen wurde, ist doch ein hochriskantes und teures Geschäft." Die Neue Presse aus Hannover ist sich sicher: "Anders kann man die Initiative der Stromkonzerne nicht deuten. Viele Jahre haben Eon und Co. ausgezeichnet verdient, jetzt soll das Risiko verstaatlicht werden - irgendwie erinnert das an die Banken, die sich erst verzockten, dann von den Steuerzahlern gerettet werden mussten. Die Bundesregierung tut gut daran, solche Ideen mit dem Verweis auf das Verursacherprinzip schnellstmöglich abzubügeln."

Der Bonner General-Anzeiger sieht die Verursacher ebenfalls in der Pflicht: "Auch wenn sie noch so sehr jammern: Die Energieerzeuger müssen die Suppe, die sich mit der Atomkraft eingebrockt haben auch auslöffeln, sie dürfen aus dieser Verantwortung nicht entlassen werden. Nur in einer Hinsicht ist diese Debatte erfreulich: Sie entlarvt die Legende von der billigen Atomkraft einmal mehr als Trugbild. Am Ende aber, so steht zu befürchten, ist der Steuerzahler der Dumme."

"Das Motto ist altbekannt und lautet: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.", stellt die Wetzlarer Neue Zeitung fest: "Die Gewinne waren nur möglich, weil die tatsächlichen Risiken dieser Technologie, Rückstellungen hin oder her, stets kleingerechnet wurden - und zwar mit Duldung der Politik. Wäre die Rückstellungssumme ausreichend, könnten die Konzerne die Abwicklung ihrer Hochrisiko-Technologie ja locker selbst stemmen."

Für die Westfälischen Nachrichten steht ebenfalls fest: "Der Staat darf die Konzerne nicht aus der Verpflichtung für die strahlenden Überreste ihrer hochlukrativen Atomgeschäfte entlassen." Das Blatt aus Münster findet: "Es ist zwar eine gute Idee, die Rücklagen für die ewigen Lasten des Atomzeitalters in einem zentralen Fonds anzulegen; dort sind sie sicher, wenn einer der Energieriesen in die Pleite rutscht. Aber es wäre eine Schnapsidee, sich damit zugleich die finanzielle Verantwortung für die sichere Endlagerung aufschwatzen zu lassen. Denn noch ist keineswegs absehbar, wie teuer der Abriss der Atomkraftwerke und die sichere Lagerung des Atommülls über eine Million Jahre einmal werden wird."

Scharfe Kritik kommt auch vom Münchener Merkur: "Marktwirtschaft ist keine Veranstaltung, bei der Aktionäre ihre Profite maximieren und die Verluste bei den Steuerzahlern abladen. So wie es jetzt nach der Finanzindustrie auch die Atomwirtschaft versucht. Abenteuerlich ist deren Plan, den radioaktiven Müll dem Staat vor die Haustür zu kippen. Mal schauen, wie lange das wütende 'Nein' aus der Politik hält. Auch den wankenden Banken wollte die Kanzlerin einst keinen Euro Steuerzahlergeld hinterherwerfen. Bis die Angst vor der Kernschmelze an den Finanzmärkten stärker wurde als alle Skrupel. Was, wenn sich die gleiche Nummer jetzt bei den wankenden Energieriesen wiederholt?"

Zusammengestellt von Laura Kleiner

Quelle: ntv.de

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