Pressestimmen

NPD verklagt Gauck wegen "Spinner"-Äußerung "Nicht sehr präsidial, aber unabdingbar"

Die Presse diskutiert über Gaucks Meinungsfreiheit.

Die Presse diskutiert über Gaucks Meinungsfreiheit.

Der Bundespräsident äußert sich negativ über die NPD und die fühlen sich von Gauck beleidigt. Nun zerren sie den obersten Würdenträger vor Gericht. Die Presse diskutiert, ob Gaucks Äußerung im Rahmen der Meinungsfreiheit ist oder doch einen Schritt zu weit geht.

Der Bundespräsident äußert sich negativ über die NPD und die fühlen sich von Gauck beleidigt. Nun zerren sie den obersten Würdenträger vor Gericht. Die Presse diskutiert, ob Gaucks Äußerung im Rahmen der Meinungsfreiheit ist oder doch einen Schritt zu weit geht.

Joachim Gauck lässt sich von keinem seiner Meinungsfreiheit berauben.

Joachim Gauck lässt sich von keinem seiner Meinungsfreiheit berauben.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist Teil eines juristischen Feldzugs der NPD", schreiben die Aachener Nachrichten. "Das sollte ein Weckruf an uns alle sein: Von braunen Spinnern und deren Winkeladvokaten lassen wir uns den Mund nicht verbieten!" Auch ein grundsätzlich zur parteipolitischen Neutralität verpflichteter Bundespräsident müsse sich nicht auf diese Weise gängeln lassen, so das Blatt.

Was kann ein Bundespräsident anderes tun, als ab und zu seine Meinung klar zum Ausdruck zu bringen, fragt das Offenburger Tageblatt. "Nichts natürlich. Denn im Grunde genommen ist neben der repräsentativen Arbeit, seine Hauptaufgabe das Wort zu erheben. Und damit konnte die Politik in der Bundesrepublik schon immer gut umgehen und die NPD sollte es erst recht erdulden können." Selbst wenn Joachim Gauck die Ewiggestrigen in einer Rede als "Spinner" und "eklig" bezeichnet hat. Das treffe zwar im Kern der Sache zu, sei allerdings nicht ganz die feine Art für einen Mann, der seine Worte versteht wie ein Florett einzusetzen, urteilt die Zeitung.  Manchmal brauche es eben den Degen oder gar die Machete, weil die Adressaten der Aussage es sonst nicht verstehen. Das Bundesverfassungsgericht habe auch deshalb dem Ansinnen der NPD, die Wortwahl des Bundespräsidenten höchstrichterlich enge Grenzen zu setzen, eine Abfuhr erteilt. "Damit bleibt der Bundespräsident in Deutschland weiter der König der Worte."

Dem Mannheimer Morgen zufolge versteht sich Joachim Gauck als Mann des klaren Wortes. So habe er NPD-Anhänger hinreichend präzise als "Spinner" bezeichnet. "Nach dem Eindruck der Verhandlung dürften die Richter Gaucks Äußerungen als gerade noch im Rahmen durchwinken. Bei seinem rhetorischen Vermögen müsste er indes imstande sein, auf den verfassungsfeindlichen Charakter der NPD geschliffener hinzuweisen." Die Rechtfertigung seines Prozessvertreters, Gauck habe sich nur dem Sprachniveau seiner Zuhörer angepasst, sei die eigentliche Beleidigung - und zwar jener Berliner Oberstufenschüler, so die Zeitung abschließend.

Die Schwäbische Zeitung schreibt: "Es ist die Stärke des demokratischen Rechtsstaates, dass selbst Feinde der Verfassung alle Rechte besitzen, die sie - so sie je an die Regierung kämen - abschaffen würden." Die NPD fühle sich von Bundespräsident Gauck um die Chancengleichheit bei der Bundestagswahl gebracht, da er Gegner von Flüchtlingsheimen als "Spinner" bezeichnet hat, schreibt das Blatt. "Vor dem Bundesverfassungsgericht geht es um das Elementare einer aufgeklärten Gesellschaft, die hoffentlich aus ihrer Geschichte gelernt hat. Es mag nun die unterschiedlichsten juristischen Betrachtungen darüber geben, welche Grenzen der Staatschef nicht überschreiten darf - politisch dürfte der Fall doch klar sein: Was wäre das für ein Land, wenn sich der wichtigste Amtsträger nicht zu Ausländerhass und Neonazismus äußern dürfte? Es wäre sehr merkwürdig, wollte man dem Präsidenten deutliche Worte untersagen."

"Gaucks klare Worte zum Faschismus in Deutschland, ausgesprochen vor eine Schulklasse, mögen nicht sehr präsidial gewesen sein. Aber für einen Mann, der seine einzige Macht aus der Kraft der Rede schöpfen darf, ist es unabdingbar, deutliche Sätze zu sprechen", äußert die  Pforzheimer Zeitung. Unabhängig von der NPD werde es nun genau darum gehen: Wie viel und was darf ein Bundespräsident sagen? "Eine allzu starke Begrenzung würde das Amt bedeutungslos machen - auf Betreiben der NPD. Für die Demokratie ein Fiasko."

Zusammengestellt von Lisa Schwesig

Quelle: ntv.de

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