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"Ratgeber Steuern & Recht" vom 09.07.2013 (Wdh. 10.07.)"Gaffen" an der Unfallstelle

09.07.2013, 18:30 Uhr

Hundertfach kracht es täglich im deutschen Strassenverkehr. Und dabei kommen leider auch Menschen zu Schaden. Wichtig also, dass schnell Hilfe kommt. Die Helfer werden aber immer öfter behindert - durch andere Verkehrsteilnehmer. Und immer weniger Menschen trauen sich, Erste Hilfe zu leisten. Falsches Verhalten an der Unfallstelle und die rechtlichen Folgen, sehen Sie selbst.

Schwere Unfälle sind ein Albtraum für die Opfer wie auch die Helfer. Doch sie sind leider auch häufig ein Spektakel für Schaulustige. Die Polizei wie auch die Feuerwehr beklagen dies immer häufiger, wie Michael Mertens von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) erläutert: "Insbesondere bei schweren Verkehrsunfällen ist die zeitliche Dringlichkeit sehr groß. Da geht es um Sekunden, um Menschenleben zu retten. Deshalb brauchen die Rettungskräfte eine freie Zufahrt zur Unfallstelle. Und schaulustige Gaffer blockieren diese Zufahrt, und dass kann im schlimmsten Fall Menschenleben töten."

Im Internet kursieren tausende solcher Videos. Teilweise sind Unfallstellen gleich von mehreren Handynutzern gefilmt worden - ohne Rücksicht auf die Opfer und die Helfer, berichtet Michael Mertens von der GdP "Diese Sensationslust der Menschen hat sich gesteigert. Insbesondere seitdem fast jeder ein Smartphone besitzt, neigt man dazu, diese Unfallstellen zu fotografieren oder zu videografieren. Und diese dann im Internet einzustellen und sich an diesen Bildern zu ergötzen."

Gaffern drohen empfindliche Strafen

Wer gaffend an einer Unfallstelle vorbeifährt, ist unkonzentriert. Immer öfter kracht es auf der Gegenspur, weil die Zuschauer unachtsam sind. Der Deutsche AnwaltVerein (DAV) warnt, dass deutsche Gerichte deshalb immer öfter hart auf Gaffen reagieren: "Wenn Sie denn nun langsam an der ganzen Geschichte vorbeifahren und dabei nach rechts und nach links gucken, kann es sehr leicht geschehen, dass sie selber eine Ordnungswidrigkeit begehen. Und sei es auch nur auf den Vordermann aufzufahren, eine rote Ampel zu überfahren oder was es so alles gibt. Und da werden Sie sicherlich keine Milde vom Gericht zu erwarten haben, wenn das wegen Gaffertums passiert ist.", so Daniela Mielchen vom DAV.

Das Fahrverbot ist also dann fast schon vorprogrammiert. Doch Gaffern drohen auch Strafen, wenn es nicht kracht, erklärt Michael Mertens von der GdP: "Die gesetzlichen Möglichkeiten gibt es ja bereits heute. Vom Verwarngeld und Bussgeld bis zum Platzverweis und bei unterlassener Hilfeleistung sogar bis zur Verfolgung einer Straftat. Das Problem ist aber, dass das Personal, das zu diesem Zeitpunkt an der Unfallstelle eingesetzt ist, andere Dinge zu erledigen hat, als diese Gafferproblematik zu verfolgen."

Gaffen statt helfen

Im Durchschnitt 15 Jahre liegt bei deutschen Autofahrern das letzte Erste Hilfe-Seminar zurück. Kein Wunder also, dass immer weniger bereit sind, Hand anzulegen: "Das Hauptproblem ist, dass sich viele Menschen nicht trauen oder nicht in der Lage sind Erste Hilfe zu leisten. Ein weiterer Fehler ist aber auch, die Unfallstelle nicht abzusichern. Wenn man zuerst an der Unfallstelle ist, muss man andere Menschen warnen, nicht noch zusätzlich in diese Unfallstelle hineinzufahren.", erklärt Michael Mertens von der GdP.

Erste Hilfe zu leisten ist Pflicht. Doch was droht dem Verkehrsteilnehmer, der sich nicht traut? Das weiß Daniela Mielchen vom DAV: "Das ist so ein Graubereich. Was nützt es zu sagen, sie sollen Erste Hilfe leisten und sie haben keine Ahnung davon. Und nehmen dann einem Motorradfahrer einfach den Helm ab, was ja sehr gefährlich sein kann. Insoweit wird man sie dafür nicht belangen können, aber wenn Sie Hilfe leisten können, dann sollten Sie dies auch tun."

Quelle: ntv.de