WM-Fußballerin Alexandra PoppNeids Waffe auf der Bank
Sie ist jung, sie ist gut und sie hat einen unbändigen Zug zum Tor. Alexandra Popp ist die jüngste deutsche Fußballerin im WM-Kader von Bundestrainerin Silvia Neid. Viel spricht dafür, dass die Angreiferin für Furore sorgen wird. Und die Routiniers beim Unternehmen Titelverteidigung verdrängt.
Und dann kam Alexandra Popp. Fing nach 80 Minuten einen Pass der kurz zuvor eingewechselten Abwehrspielerin Runa Vikestadt ab und rannte derart dynamisch in bester Miroslav-Klose-Manier mit dem Ball am Fuß aufs norwegische Tor zu, dass es eine Freude war. Mit ihrem Tor zum 2:0 war die Generalprobe für die Fußball-Weltmeisterschaft vor 13.812 Zuschauern am Mainzer Bruchweg zugunsten der DFB-Elf entschieden, zumal Alexandra Popp nur eine Minute später per Kopf zum 3:0-Endstand erhöhte. Simone Laudehr hatte nach 79 Minuten, dito mit dem Kopf, den ersten Treffer erzielt.
Hinterher sagte Alexandra Popp, die in der Bundesliga für den FCR Duisburg interessanterweise als Außenverteidigerin spielt, dass sie ihr Flugkopfballtor noch schöner als das erste fand und so wie in Mainz gerne im Regen kickt. "Ich bin ganz klar eine Fritz-Walter-Spielerin." Doch sie muss nicht darauf hoffen, dass am 26. Juni beim Eröffnungsspiel der WM gegen Kanada im mit mehr als 73.000 Zuschauern ausverkauften Berliner Olympiastadion der Rasen wieder nass ist.
Es besteht berechtigter Grund zur Annahme, dass sie auch bei Sonnenschein ihre Tore machen wird. Und gute Chancen hat, das auch bei dieser WM tun zu dürfen. Vielleicht sogar in der Startelf. Denn so durchsetzungsstark und zielgerichtet stürmt in der deutschen Mannschaft keine Zweite. "Sie geht da rein, wo es wehtut", beschreibt die Bundestrainerin in lupenreinem Fußballerinnenidiom Alexandra Popps Furchtlosigkeit vor der gegnerischen Abwehr.
Sie sagt Frau Neid
Silvia Neid ist vor dem Unternehmen Titelverteidigung in der angenehmen Situation, auf vielen Positionen ihres gut besetzten Teams die Qual der Wahl zu haben, Gegen Norwegen, das bei der WM zum Kreis der Titelanwärter gehört, ließ sie in der ersten Halbzeit Rekordnationalspielerin die Frankfurterin Birgit Prinz, 33 Jahre alt, und Inka Grings, ein Jahr jünger und Popps Teamkollegin in Duisburg, im Angriff auflaufen. Zwei Spielerinnen, die zu der Generation im aktuellen Kader gehören, die die Bundestrainerin duzen und sie Silv nennen. Zur Halbzeit stand es 0:0. Und dann kam, zusammen mit Fatmire Bajramaj (23) und Melanie Behringer (25), Alexandra Popp. Sie ist mit 20 Jahren die Jüngste im Team, sagt Frau Neid – und erzielte zwei Tore. Auch in den drei Testspielen zuvor gegen die Niederlande (5:0), Italien (5:0) und Nordkorea (2:0) kam sie jeweils zur zweiten Halbzeit auf den Platz - und traf insgesamt dreimal.
Nun ist es im Fußball nicht so, dass die Jugend automatisch die besseren Karten hat. Die Spielerinnen einigten sich nach der Partie auch unisono brav auf die Version, dass die Routiniers die Norwegerinnen im ersten Abschnitt müde gespielt hätten. Und tatsächlich war dieser Testspielsieg auch ein Erfolg des langen Atems, weil die engagiert auftretende deutsche Elf stets den Eindruck machte, dass sie an den Torerfolg glaubt. Aber getroffen hat nun einmal Alexandra Popp, während Birgit Prinz und Inka Grings bei kritischer Betrachtung eher weniger zur Geltung kamen.
Und es ist schließlich nicht so, dass Alexandra Popp erst seit gestern Fußball spielt. Sie ist bereits Weltmeisterin. Mit der U-20-Auswahl stürmte sie im vergangen Jahr ebenfalls in Deutschland zum Titel, wurde mit zehn Treffern Torschützenkönigin und zudem zur besten Spielerin des Turniers gewählt. Nach ihren Einsatzchancen bei dieser WM gefragt, hält sie sich aber vornehm zurück. "Mein Ziel war es in diesen Kader reinzurutschen, damit ich viel von Inka Grings und Birgit Prinz lernen kann." Allerdings: "Wenn die beiden dann aufhören, kann ich in ihre Fußstapfen treten."
"Das ist für uns eine Waffe"
Auch die Bundestrainerin ist klug genug, sich nicht festzulegen. "Wir sind sehr froh, dass wir Alex haben, aber es gab auch andere Spielerinnen, die ihre Chancen hatten und in den letzten Partien ihre Tore gemacht haben. Sie ist im Moment eine sehr wichtige Spielerin und sie ist sehr gut, wenn sie reinkommt. Das ist für uns eine Waffe." Und sie geht mit Birgit Prinz so um, wie eine Trainerin mit ihrer verdientesten Spielerin umgehen sollte – sie schützt sie. "Heute war sie am Anfang etwas zurückhaltend, in den Zweikämpfen etwas zögerlich, hat aber dann besser ins Spiel gefunden. Man hat ihr schon angemerkt, dass sie ein bisschen Schmerzen hatte und sich etwas zurückgehalten hat."
Alles offen also für den WM-Auftakt gegen Kanada. Doch wenn es am übernächsten Sonntag in Berlin zur Halbzeit 0:0 steht – dann kommt vielleicht wieder Alexandra Popp und erzielt ihr Tor. Ob es nun regnet oder nicht.