Wirtschaft

Ungarn ist attraktiver Afrika ruft, kaum einer kommt

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Südafrika ist für deutsche Unternehmen auf dem Kontinent der wichtigste Standort.

(Foto: picture alliance / Zoonar)

Mit einer Reise nach Afrika wirbt Wirtschaftsminister Habeck dafür, dass deutsche Unternehmen stärker auf dem Kontinent investieren. Bis das passiert, ist allerdings noch jede Menge Überzeugungsarbeit nötig.

"Chancen-Kontinent", "riesiges Potenzial" - Afrika sorgt bei deutschen Industrie- und Handelsverbänden für euphorische Rhetorik. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ruft bei seinem Besuch in Namibia und Südafrika zu einem "Restart" der Handelsbeziehungen auf und wird nicht müde, von den vielen Möglichkeiten auf dem Kontinent zu sprechen.

In Johannesburg eröffnete Habeck eine deutsch-afrikanische Wirtschaftskonferenz. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa wollte eigentlich auch kommen. Er sagte allerdings kurzfristig ab. Gegen das Staatsoberhaupt gibt es schwere Korruptionsvorwürfe, nächste Woche stimmt das Parlament über ein Amtsenthebungsverfahren ab. Derzeit sieht es so aus, dass es dafür keine Mehrheit gibt. Doch sicher ist das nicht.

Dass Ramaphosa derzeit andere Prioritäten hat, als ein Grußwort beim deutsch-afrikanischen Wirtschaftsforum zu sprechen, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Für den von Habeck gewünschten Neustart ist das allerdings kein so richtig gutes Signal.

Das ändert aber nichts daran, dass Südafrika ganz vorne dabei ist, wenn es um Engagement der deutschen Wirtschaft auf dem Kontinent geht. Doch insgesamt ist beim Engagement deutscher Firmen in Afrika noch Luft nach oben. Selbst Ungarn spielt für sie eine größere Rolle als der gesamte Kontinent.

In Zahlen ausgedrückt: Im vergangenen Jahr handelten deutsche Firmen dem DIHK zufolge mit Afrika Waren im Wert von 49 Milliarden Euro - das entspricht 1,9 Prozent des gesamten Handelsvolumens. Der Handel mit Ungarn erreichte ein Volumen von 236 Milliarden Euro. Die deutschen Direktinvestitionen in dem osteuropäischen Land lagen bei 49 Milliarden Euro - in ganz Afrika steckten deutsche Firmen lediglich 12 Milliarden Euro. Insgesamt seien die deutschen Handelsbeziehungen mit Ungarn um 20 Prozent höher als die mit ganz Afrika, sagt Heinz-Walter Große, Vorsitzender der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft.

Kalkuliertes Risiko

Das Potenzial müsse endlich gehoben werden, heißt es auf der Reise des Wirtschaftsministers. Und einige Unternehmen sind ja bereits da, zum Teil seit vielen Jahren. Doch die weit verbreitete Zurückhaltung hat einen Grund: Den meisten ist das Risiko schlicht zu hoch. Fragt man Mitglieder der Wirtschaftsdelegation, die Habeck auf der Reise begleiten, wird immer wieder auf große Hindernisse hingewiesen - auch von Unternehmensvertretern, deren Firmen längst in Afrika tätig sind. Konkret sind das: politische Instabilität, Bürokratie, Kriminalität, Korruption, fehlende Fachkräfte, miese Infrastruktur, mangelnde Verlässlichkeit lokaler Partner und das Währungsrisiko durch heftige Wechselkursschwankungen.

Mittelständische Unternehmen konzentrieren sich deshalb - bis auf wenige Ausnahmen - vor allem darauf, sich an einzelnen Infrastrukturprojekte wie etwa dem Bau eines Staudamms zu beteiligen. Der Aufbau eines Produktionsstandorts auf dem Kontinent ist ihnen viel zu riskant - andere Regionen sind für sie attraktiver. Das heißt nicht, dass niemand das Risiko eingeht. Doch aus der Wirtschaftsdelegation ist immer wieder zu hören, dass das Risiko kalkulierbar sein muss.

Vor diesem Hintergrund will Habeck mehr deutsche Investitionen nach Afrika lenken, auch um die Abhängigkeit von China zu verringern. Dazu werde das Instrument staatlicher Investitionsgarantien überarbeitet, sagte er in Johannesburg und kündigte Anreize für Investitionen in Regionen wie Südafrika an. Über Investitionsgarantien des Bundes sollen private Investitionen verstärkt in Märkte abseits der Volksrepublik gelenkt werden. Dadurch können deutsche Unternehmen Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern gegen politische Risiken absichern, etwa gegen Enteignungen.

Das ist aus Sicht der mitreisenden Wirtschaftsvertreter eine überfällige Maßnahme. Oder wie es ein Unternehmer gegenüber ntv.de ausdrückte: "Jeder, der fordert, Unternehmen müssten in Afrika investieren, soll sich fragen: Würde ich hier mein eigenes Geld reinstecken?"

Quelle: ntv.de

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