Neuer Bilfinger-Berger-Chef Anleger flüchten vor Koch
29.10.2010, 21:43 UhrDer neue Chef von Bilfinger Berger, Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch, tritt sein neues Amt ohne Vertrauensbonus an: Die Anleger von Deutschlands zweitgrößtem Baukonzern sind nach Bekanntgabe des Vorstandswechsels verunsichert. Der Aktienkurs fällt deutlich.

Roland Kochs Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft sorgt für Skepsis.
(Foto: picture alliance / dpa)
Beim Baukonzern Bilfinger Berger ist die mit Spannung erwartete Entscheidung über die Neubesetzung des Chefpostens gefallen. Der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch wird neuer Vorstandsvorsitzender. Am Aktienmarkt kommt das nicht gut an. Die Anleger zeigen sich skeptisch, der Aktienkurs gibt deutlich nach. Das im MDax gelistete Papier büßt rund fünf Prozent ein.
Der 52-jährige Koch war Favorit des Aufsichtsratsvorsitzenden Bernhard Walter. Walter, früherer Chef der Dresdner Bank, hatte vergangene Woche erklärt, es werde mit einer Reihe von Kandidaten für den Posten des Vorstandsvorsitzenden gesprochen, unter anderem mit Koch. Der Vertrag des bisherigen Konzernchefs Herbert Bodner läuft Mitte 2011 aus. Koch wird mit Wirkung zum 1. März 2011 zum Vorstandsmitglied bestellt und tritt am 1. Juli die Nachfolge von Bodner an.
Wechsel hatte sich angedeutet
Koch hatte im Mai überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Ende August schied er nach elf Jahren an der hessischen Regierungsspitze aus dem Amt, um in die Wirtschaft zu wechseln. Koch folgt dem Beispiel anderer prominenter Politiker, die vor ihm in die Wirtschaft gewechselt waren, wie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der hatte unmittelbar nach seiner Wahlniederlage 2005 den Aufsichtsratsvorsitz bei der von dem russischen Konzern Gazprom dominierten Ostsee-Pipeline übernommen und musste dafür heftige Kritik einstecken.
Die "Bild"-Zeitung hatte bereits während Kochs Amtszeit im August über den Wechsel berichtet, die hessische Staatskanzlei hatte das damals aber dementiert. Dennoch kursierten seit Wochen Gerüchte. Kritisiert wurde der Wechsel von den Grünen und der Antikorruptions-Organisation Transparency International.
"Geschmäckle" um Koch?
In seiner Zeit als Ministerpräsident hat Koch Erfahrung mit Großprojekten gesammelt: Er setzte unter anderem die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen durch. Dabei baut auch Bilfinger Berger mit. Die hessischen Grünen wittern deshalb ein "Geschmäckle".
Die Vorsitzende von Transparency International, Edda Müller, sagte der "Berliner Zeitung", es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass dies "eine Belohnung" für früheres Wohlverhalten sein könne. Spitzenpolitiker sollten mindestens drei Jahre lang nicht in Positionen der Wirtschaft arbeiten, die vorher in ihrem Verantwortungsbereich gelegen hätten. "Bilfinger Berger kauft sich nicht die Wirtschaftskompetenz von Herrn Koch ein, sondern die politischen Kontakte und die Durchsetzungsfähigkeit", sagte der Wirtschaftsprofessor Max Otte.
Baukonzern auf Rekordkurs
Bilfinger Berger peilt nach einem kräftigen Gewinnsprung im ersten Halbjahr in diesem Jahr das beste Ergebnis der Firmengeschichte an. Die Leistung blieb in den ersten sechs Monaten zum Vorjahreszeitraum zwar unverändert bei 3,8 Mrd. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) konnte Bilfinger aber auf 135 Mio. Euro mehr als verdoppeln. Unter dem Strich kletterte der Gewinn von 65 Mio. auf 118 Mio. Euro.
Die Bestellung Kochs zum Chef von Bilfinger Berger wird am Aktienmarkt laut Händlern nicht gut aufgenommen worden. Die Papiere des Bau- und Dienstleistungskonzerns fielen in der Spitze um 4,8 Prozent auf 51,64 Euro. Sie gehörten damit zu den größten Verlierern im MDax - selbst mit einem Minus von 3,5 Prozent zu Handelsschluss.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts