Wirtschaft

Tage der Entscheidung Athen läuft die Zeit davon

Der Countdown läuft.

Der Countdown läuft.

(Foto: REUTERS)

Griechenland steht eine weitere schwere Woche ins Haus: Während die Troika der internationalen Helfer den Fortschritt bei den Sparmaßnahmen prüft und die Verhandlungen mit den Gläubigern über den Schuldenschnitt in die entscheidende Phase gehen, wollen die Gewerkschaften Athen lahmlegen. Sie rufen zum ersten Streik im neuen Jahr auf.

Griechenland schlingert weiter auf einen Staatsbankrott zu. In den Verhandlungen über die dringend notwendige Umschuldung läuft dem Land langsam die Zeit davon, und die so genannte Troika fällt in Kürze ein Urteil über die Sparmaßnahmen. Am Dienstag wird zunächst eine Arbeitsgruppe des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank (EZB) in Athen eintreffen. Sie bereitet die Entscheidung über die nächste Kredittranche von 5 Mird. Euro aus dem alten Hilfspaket und über das komplette neue Hilfspaket von 130 Mrd. Euro vor.

Wann die Chefkontrolleure der Troika kommen, ist unklar. Einem griechischen Regierungssprecher zufolge reisen sie erst kommende Woche nach Athen. Ein enger Mitarbeiter des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos sagte allerdings, die Gruppe komme bereits an diesem Freitag.

Dabei geht es um die Fortschritte der geplanten Privatisierungen und der Verschlankung des Staatsapparats. Griechischen Medienberichten zufolge geht es auch um Einschnitte im privaten Sektor, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Demnach sollen die Löhne um 20 Prozent sinken- Außerdem sollen das 13. und 14. Monatsgehalt und der Mindestlohn von 751 Euro im Monat abgeschafft werden.

Athen droht die Pleite

Die Experten prüfen in regelmäßigen Abständen, welche Fortschritte Athen bei der Umsetzung der Auflagen für die internationalen Kredithilfen gemacht hat. Davon hängt die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Hilfspaket ab. Verweigert die Troika die Auszahlung, droht Griechenland in Kürze die Staatspleite. Von dem zweiten Hilfspaket werden nach Darstellung der griechischen Regierung bis Mitte März alles in allem Finanzhilfen in Höhe von 89 Mrd. Euro benötigt. In dieser Summe ist nach Angaben des Finanzministeriums unter anderem Geld für die Rettung griechischer Banken und Rentenkassen und die Rückzahlung für Mitte März auslaufende griechische Staatsanleihen enthalten.

Ob Griechenlands Pleite abgewendet werden kann, hängt auch entscheidend von dem Schuldenschnitt ab, zu dem sich die Gläubiger des Landes auf dem EU-Gipfel Ende Oktober bereiterklärt hatten. Banken und Versicherer sollen danach einem Forderungsverzicht von 50 Prozent bei griechischen Staatsanleihen zustimmen, was einem Betrag von 100 Mrd. Euro entspricht. Außerdem wird der Rest der Anleihen in neue, längerlaufende Papiere getauscht.

Derweil wachsen aber die Zweifel, ob die Höhe des Schuldenschnitts angesichts der immensen Probleme Griechenlands ausreicht. Außerdem wird es immer fraglicher, ob sich überhaupt alle privaten Gläubiger daran beteiligen.

Die Gespräche zwischen den privaten Gläubigern und der griechischen Regierung sind ins Stocken geraten. Sie werden wahrscheinlich am Mittwoch fortgesetzt. Den teilweisen Schuldenerlass für Athen sollen private Gläubiger wie Banken, Versicherungen und Hedge Fonds freiwillig schultern. Zugleich ist ihr Engagement aber eine Bedingung für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland. Doch offenbar wollen vor allem Hedgefonds bessere Bedingungen durchsetzen. Sie halten etwa 70 Milliarden Euro in griechischen Staatsanleihen. Aktueller Knackpunkt sind die Zinsen, die Griechenland für die neuen Bonds zahlen soll, die die alten Anleihen ersetzen. Bankenkreisen stehen derzeit weniger als vier Prozent im Raum - die meisten Gläubiger halten das für viel zu niedrig.

Papedemos gibt sich zuversichtlich

Obwohl Griechenland schon Ende März mit der Fälligkeit von Milliarden-Anleihen der Staatsbankrott droht, zeigte sich Ministerpräsident Lukas Papademos optimistisch: Er sei zuversichtlich, dass die Gespräche über die Gläubiger-Beteiligung binnen drei Wochen abgeschlossen werden könnten, sagte er in Athen. Der Internationale Bankenverband als Vertreter der privaten Gläubiger erklärte dagegen, eine Grundsatzeinigung müsse bis Ende dieser Woche auf den Tisch. Andernfalls wäre ein rechtzeitiger Abschluss nicht mehr machbar.          

Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos hatte zu Jahresbeginn eindringlich vor einer "unkontrollierbaren Staatspleite" gewarnt und die Gewerkschaften zu mehr Sparanstrengungen aufgefordert. Die Arbeitnehmer müssten weitere Lohnkürzungen hinnehmen, um die Sparziele zu erfüllen.

Doch angesichts der Sparmaßnahmen wächst der Widerstand der Gewerkschaften. Sie riefen für Dienstag zum ersten Streik im neuen Jahr auf - vor allem die Bahnen der Hauptstadt werden betroffen sein. Auch die griechischen Journalisten wollen streiken. Sie protestieren gegen ausbleibende Lohnauszahlungen. Bei einigen Zeitungen sind viele Journalisten und Techniker seit Monaten wegen der dramatischen Finanzkrise und des Rückgangs der Werbung um fast 60 Prozent nicht mehr bezahlt worden. Deswegen würde es Dienstag und Mittwoch keine Nachrichten im Radio und Fernsehen geben, teilte die Journalistengewerkschaft mit. Am Mittwoch und Donnerstag sollen keine Zeitungen erscheinen.

S&P erwartet baldige Pleite

Griechenland steht nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's kurz vor dem Bankrott. Wegen der hohen Verschuldung werde dies "sehr bald" geschehen, sagte der Leiter des Länderbereichs Europa, Moritz Krämer, Bloomberg TV. Eine ungeordnete Zahlungsunfähigkeit werde Auswirkungen auf andere Länder haben, deshalb versuche die Politik, dies zu verhindern. "Das Spiel ist noch nicht zu Ende", sagte Krämer.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/AFP

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