Internet gehört die Zukunft Auslaufmodell Versandkatalog
24.06.2009, 19:34 UhrVor allem ältere Verbraucher kennen ihn noch als den Einkaufs-Kompass schlechthin. Gemäß dem früheren Werbespruch "Erst mal seh'n, was Quelle hat" führte er verlässlich durch die bunte Warenwelt der Nachkriegszeit. Zweimal im Jahr landete der rund 1000 Seiten starke Hauptkatalog von Quelle bislang in den deutschen Haushalten und bietet auch heute noch bis zu 70.000 Artikel an - von der Herrensocke bis zur Waschmaschine. Doch die Schwierigkeiten, mit denen die insolvente Arcandor-Tochter aus Fürth zu kämpfen hat, werfen auch die Frage nach der Bedeutung dieses Vertriebskanals im Zeitalter des Onlinehandels auf.
Wer nutzt das gedruckte Angebot in den kiloschweren Katalogen überhaupt noch, wenn es ohnehin viel schöner und umfangreicher im Internet zu finden ist? Allein die Druckkosten für den Quelle- Hauptkatalog mit einer Auflage von 9 Millionen Exemplaren wird mit bis zu 25 Millionen Euro beziffert. Der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff räumte schon vor Jahren ein, dass der Universalversand in Deutschland ein Problem sei: "Den Leuten zweimal im Jahr einen dicken Katalog ins Haus zu liefern und zu erwarten, dass sie fleißig bestellen, das funktioniert nicht mehr", sagte er bereits 2005.
Katalog noch unverzichtbar
Der Versandkatalog sei generell zwar immer noch unverzichtbar, "aber wer nur auf ihn baut, ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit", betont auch Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE). Der Katalog lasse sich allerdings besser zelebrieren als das Internetangebot. "Da hat man physisch etwas in der Hand und überwindet auch die Distanz zum Kunden." Doch wichtig sei künftig die genauere Fokussierung der Zielgruppen.

Kaum gedruckt, schon veraltet: Mit dem Internet kann der Katalog nicht mithalten.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Immerhin informieren sich weiterhin gut 70 Prozent der Internetbesteller vor ihrem Einkauf noch in einem Katalog - und das über alle Altersgruppen hinweg. Darauf verweist der Bundesverband des Deutschen Versandhandels. "Die Produktpräsentation dort ist auch im Internet-Zeitalter ein entscheidender Impulsgeber für den Versandhandelseinkauf", betont Sprecher Oliver Claas.
Die Verbraucher handeln immer häufiger crossmedial, das heißt, sie informieren sich über das Warenangebot in mehreren Medien. Oft blättern sie im Katalog zu Hause auf dem Sofa, um dann online zu bestellen. Allein im vergangenen Jahr steuerte das Internet schon fast 47 Prozent zum Gesamtumsatz des Versandhandels von rund 29 Milliarden Euro bei und war maßgeblicher Treiber des Branchenwachstums.
Digitales Blättern
Die Vorteile des Internets liegen dabei auf der Hand: Es ist umfassender, flexibler und tagesaktueller, was insbesondere wichtig ist für das sich schnell ändernde Angebot von Hightech- und Elektronikartikeln. Der Katalog hingegen braucht einen längeren Vorlauf und verspricht Preisgarantien, die den Versendern Probleme bereiten können. Andererseits ist der Katalog gerade für ältere Menschen oder Verbraucher in ländlichen Regionen, die das Internet nicht nutzen oder keine schnelle Netzverbindung haben, noch unverzichtbar.
So will auch der Hamburger Otto Versand an seinen Katalogen festhalten - weil das die Kunden wollten. "Jeder Verkaufskanal deckt bestimmte Bedürfnisse der Kunden ab", betont ein Sprecher. Neben dem Hauptwerk bestückt das Hamburger Unternehmen die Haushalte noch jedes Jahr mit bis zu 60 Spezialkatalogen. Im Hauptkatalog seien allerdings nur gut 70 000 Artikelpositionen aufgeführt, im Internet hingegen gut 650 000.
Auch der in Schieflage geratene Quelle-Versand betont, dass der Hauptkatalog nur etwa zehn Prozent des gesamten Warenangebots abbilde. Neben dem "Big Book" gibt das fränkische Traditionshaus allein in Deutschland jährlich noch 143 Spezialkataloge heraus. "Wir sind ein Homeshopping-Unternehmen mit Katalog. Der Leitvertriebskanal ist aber das Internet", sagt Sprecher Manfred Gawlas. Mittlerweile werde gut die Hälfte des Umsatzes online erzielt. Der derzeit in Frage gestellte Hauptkatalog sei aber immer noch "wichtiger Imageträger und Visitenkarte".
Quelle: ntv.de, dpa