Wirtschaft

"Basel III" und die Folgen Banken brauchen Milliarden

Die Welt braucht ein dauerhaft stabiles Finanzsystem. Da sind sich die Finanzexperten einig. Doch mehr Sicherheit kostet auch. Allein in Folge möglicher verschärfter Eigenkapitalregeln müssten deutsche Banken wohl mehr als 100 Milliarden Euro stemmen.

"Basel III": Dunkle Wolken über der Frankfurter City?

"Basel III": Dunkle Wolken über der Frankfurter City?

(Foto: REUTERS)

Die Regulierungswelle rollt auf die deutschen Banken unerwartet schnell zu. Sie müssen sich wegen der verschärften Eigenkapitalregeln für die Branche in den nächsten zwei Jahren viele Milliarden Euro besorgen. "Für die Institute werden die Beschlüsse einen erheblichen Kapitalbedarf nach sich ziehen, und es wird auch zu Kapitalerhöhungen oder zur Einbehaltung von Gewinnen kommen", sagte der Vizepräsident der Bundesbank, Franz-Christoph Zeitler. Er sitzt für Deutschland im Baseler Ausschuss der Bankenaufseher und Notenbanker, in dem seit Monaten über neue Regeln für die Kreditinstitute unter dem Schlagwort "Basel III" gerungen wird.

Im Kern geht es in dem Reformwerk um höhere Anforderungen an die Kapitalausstattung der Institute. Sie sollen im wesentlichen bereits ab 2013 in Kraft treten. Deutschland hat Vorbehalte gegen einige Vorschläge angemeldet, sich aber in der Diskussion offenbar kaum durchgesetzt. Zeitler äußerte sich zurückhaltend: "Es deutet sich an, dass die Regeln fair sein könnten", sagte er. Doch würden die Folgen noch durchgerechnet.

Der ewige Ruf nach Privatisierung

EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark empfiehlt Deutschland CDU-Kreisen zufolge einzulenken und das deutsche Bankensystem zu reformieren. Er rate zu einer Privatisierung der Sparkassen nach dem Vorbild Spaniens, sagte er Teilnehmern zufolge vor dem Vorstand der Unions-Bundestagsfraktion. Die USA wetteten bereits darauf, dass das deutsche Bankensystem unter "Basel III" so nicht zu halten sein werde. Fraktionschef Volker Kauder widersprach Stark: "Für mich kommt eine Privatisierung der Sparkassen nicht in Frage. Dagegen wird auch die Unionsfraktion Widerstand leisten", sagte er am Rande der Sitzung. Auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wehrte sich gegen Starks Vorschläge. Die in der Finanzkrise stabilen Sparkassen dürften nicht "einer Ausrichtung an kurzfristigen Investoreninteressen" geopfert werden.

Die Aufseher hatten am Dienstag Eckpunkte für einen Kompromiss festgezurrt. Demnach sollen die neuen Regeln weit früher gelten, als die Branche bislang hoffte. Deutschland hatte seinen Banken mehr Zeit zur Anpassung geben und die Kapitalanforderungen drücken wollen, offenbar vergeblich. Allerdings würden die Kapitalquoten, die in Zukunft gefordert würden, wohl niedriger ausfallen als zunächst im Ausschuss diskutiert, sagte Zeitler.

Kommt der Durchbruch?

Entscheiden sollen am Wochenende die Notenbank-Präsidenten und Chefs der nationalen Aufseher. Sie reichen das Paket dann an die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten 20 Industrie- und Schwellenländer (G20) weiter, die sich im November treffen. Bundesbank-Präsident Axel Weber erwartet einen Durchbruch in Basel. "Wir wollen am Wochenende in diesen Verhandlungen das Endpaket schnüren", sagte er. Nationale Interessen dürften das Reformpaket nicht blockieren. "Die neuen Regeln werden kommen, und sie werden die Stabilität der Banken erhöhen." Deutschland wird in der heißen Phase der Gespräche in Basel durch Weber und den Chef der Bankenaufsicht BaFin, Jochen Sanio, vertreten.

Ab 2013 müssen die Banken sich Zeitler zufolge an die neue Kernkapitalquote halten. Bisher liegt sie bei vier Prozent, im Vorfeld war mit bis zu sechs Prozent gerechnet worden. Für die Anpassung an die höheren Maßstäbe, die an die Zusammensetzung des Kernkapitals gelegt werden, und das Auffüllen zusätzlicher Kapitalpuffer für Krisenzeiten bekommen die Banken allerdings länger Zeit. Sie sollen über mehr als fünf, aber weniger als zehn Jahre stufenweise eingeführt werden. Auf diese Weise soll eine Kreditklemme als Nebenwirkung der Reform verhindert werden.

Regeln für alle - oder gar keine

Axel Weber: "Die neuen Regelungen werden kommen."

Axel Weber: "Die neuen Regelungen werden kommen."

(Foto: dpa)

Viele deutsche Institute können die Anforderungen derzeit nach eigenen Angaben nicht erfüllen. Allein die größten zehn Banken in Deutschland bräuchten nach Angaben des Bankenverbands BdB dadurch mehr als 100 Mrd. Euro zusätzliches Kapital. Sonst müssten sie bei der Kreditvergabe knausriger werden - mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft. Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis warnte, auch längere Übergangsfristen machten die Regeln nicht besser. Der Chef der italienischen Großbank Unicredit, Alessandro Profumo, betonte, alle Institute müssten nach der Reform ihre Renditeerwartungen überdenken.

Weber pochte darauf, dass die Regeln in allen Ländern gelten müssen. "Was nicht passieren darf, ist, dass wir Basel III implementieren und die USA zurückfallen. Es muss auf beiden Seiten des Atlantik implementiert werden." Die USA haben das bisherige Regelwerk "Basel II" anders als die Europäer noch nicht umgesetzt. An den Verhandlungen in Basel wird auch der Präsident der US-Notenbank, Ben Bernanke, teilnehmen. Der Chef der US-Investmentbank Morgan Stanley, James Gorman, sagte in Frankfurt, er kenne bei den neuen Regeln keine Hintertür, durch die die USA gehen könnten. "Doch sollte es diese geben, werde ich definitiv nicht da durchgehen", fügte er hinzu.

Banken und Lobbyverbände in Deutschland hatten zuletzt immer wieder davor gewarnt, die unter dem Stichwort "Basel III" diskutierten höheren Anforderungen drohten die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe einzuschränken. Dadurch könnte die wirtschaftliche Erholung insgesamt gebremst werden.

Quelle: ntv.de, bad/rts/dpa

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