"Zweiter Schuldenschnitt kein Thema" Berlin zieht rote Linie
21.09.2012, 13:52 Uhr
Ein Schuldenschnitt ohne die öffentlichen Gläubiger ist keiner. Das haben viele Experten von Anfang an gesagt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Griechenland ächzt trotz Schuldenerlass und Milliarden-Hilfen weiter unter seinen Altlasten. Nun wird über einen weiteren Schuldenschnitt spekuliert, der den Bund und damit alle Steuerzahler treffen könnte. Die Bundesregierung drückt auf die Bremse. Für Deutschland stelle sich die Frage nicht.
Ein weiterer Schuldenerlass für Griechenland durch internationale Geldgeber ist nach Darstellung der Bundesregierung kein Thema. "Die Frage stellt sich nicht", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, in Berlin.

Trotz aller Hilfsgelder steht Griechenland finanziell weiter am Abgrund.
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Es habe bereits einen beeindruckenden Schuldenschnitt gegeben, und es sei ein umfassendes zweites Hilfsprogramm aufgelegt worden. Die "Troika" aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) prüfe derzeit die Umsetzung des griechischen Programms. Es sollte nicht jeder Spekulation nachgerannt werden. Wann der "Troika"-Bericht vorliegt, ist laut Kotthaus offen: "Wir hoffen, dass der Bericht so schnell wie möglich kommt."
Troika unterbricht Arbeit in Athen
Die Kontrolleure der internationalen Geldgeber Griechenlands haben angekündigt, Athen am Wochenende verlassen zu wollen. In einer Woche wollen sie die Arbeit vor Ort wieder aufnehmen. Anlass zur Sorge gebe es deshalb nicht. "Es wurde bereits bedeutender Fortschritt gemacht", wie ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel versicherte.
Nähere Angaben zu dem Grund der Pause für die "Troika" mit Vertretern der EU-Kommission, des IWF und der EZB machte der Sprecher nicht. "Es bedeutet nicht, dass es Probleme gibt." Es gebe keinen Grund zur Dramatisierung. Einige Experten blieben an Ort und Stelle. In den beteiligten Institutionen werde die Überprüfung fortgesetzt. In etwa einer Woche wollen die Kontrolleure wieder zurückkehren. Dann soll die Arbeit erfolgreich abgeschlossen werden. In Athen ringt die Regierung immer noch um ein gut 11,5 Mrd. Euro schweres Sparpaket.
Commerzbank-Chef: Ein Schnitt reicht nicht
Die Geldgeber Griechenlands denken Medienberichten zufolge inzwischen über einen weiteren Teil-Schuldenerlass für das hoch verschuldete Land nach. Dieser könne nötig werden, um die Tragfähigkeit der Schulden wieder herzustellen, meldete die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf Insider der Eurozone. Auch Commerzbank-Chef Martin Blessing rechnet mit einem neuen Schuldenschnitt, an dem sich alle Gläubiger - auch die öffentlichen - beteiligen müssten.
Im Mittelpunkt stehen den Berichten zufolge die bilateralen Kredite der Euroländer in Höhe von 53 Mrd. Euro an Griechenland aus dem ersten Hilfsprogramm vom Mai 2010. Deutschland steuerte hier 15,2 Mrd. Euro bei. Das Geld wurde von der Staatsbank KfW ausgezahlt, der Bund haftet dafür.
Sollte ein Teil davon im Zuge eines Schuldenerlasses abgeschrieben werden, müsste der Bund beziehungsweise Steuerzahler der KfW den Schaden ersetzen. Dann müsste dem Bericht zufolge nur der Haushaltausschuss des Bundestages informiert werden. Bisher hat der Bund aus den Griechenland-Krediten Geld verdient. Der IWF drängt seit längerem auf einen Schuldenschnitt der öffentlichen Geldgeber, auf die etwa zwei Drittel der Gesamtschulden von 330 Mrd. Euro entfallen.
Streit um Reparationszahlungen
Mit Blick auf Debatten in Griechenland über weitere Milliarden-Zahlungen an Athen als Wiedergutmachung für den Nazi-Terror sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, aus Sicht der Bundesregierung haben Fragen von Reparationen nach vielen Jahrzehnten ihre Bedeutung verloren. "Für uns stellt sich diese Frage gegenüber Griechenland nicht." Bisher sei kein offizielles Gespräch bekannt, in dem die griechische Seite dies zur Sprache gebracht habe.
Deutschland habe in den vergangenen Jahrzehnten im Rahmen mehrerer, bilateraler Abkommen in erheblichem Maße Leistungen gegenüber Griechenland erbracht, sagte der Sprecher weiter. In der Diskussion ist in Griechenland auch eine vom Hitler-Regime erwirkte Zwangsanleihe, aus der eine Bringschuld Deutschlands abgeleitet wird.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa