Seit 60 Jahren in Brasilien Brasilianer lieben VW
22.03.2013, 09:38 Uhr
Der VW Gol ist eine Mischung aus Golf und Polo - und seit Jahren das meistverkaufte Auto in Brasilien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Volkswagen ist eine brasilianische Traditionsmarke - finden viele Brasilianer. Seit 60 Jahren ist VW in Brasilien nun zu Hause. Die Brasilianer lieben den deutschen Automobilbauer und kaufen so viele Autos, dass Konzernchef Winterkorn schon große Pläne schmiedet.
"Nein, nein 'Volks' ist brasilianisch", weist Taxifahrer Rafael in Rio voller Inbrunst den leisen Hinweis des Fahrgastes zurück, dass Volkswagen doch eigentlich deutsch sei. Und der Mann ist sogar bereit, auf seine Überzeugung zu wetten. Die Brasilianer haben Volkswagen, oder kürzer: "Volks", längst eingemeindet und adoptiert. Deutschlands und Europas größter Autobauer ist seit 60 Jahren in Brasilien verwurzelt und stellt seit einem halben Jahrhundert das meistverkaufte Auto des Landes. Das hinterlässt Spuren.
Der legendäre "Fusca" (Käfer) hielt den Rekord 24 Jahre und der VW-"Gol" (Tor) ist seit 26 aufeinanderfolgenden Jahren Titelträger. 2012 wurden der Gol, eine Mischung zwischen Golf und Polo, 293.000 Mal in Brasilien verkauft. Und in dem Land wird noch der unverwüstliche "Bulli" unter dem Namen "Kombi" in seiner Ur-Karosse gebaut und geschätzt - noch, denn möglicherweise läuft die Produktion Ende 2013 aus. Dem "Bulli" haben die um Spitznamen selten verlegenen Brasilianer mit den Jahren den wenig schmeichelhaften Namen "Jesus me chama" (Jesus ruft mich) verpasst, weil man in dem Transporter doch arg nahe und ohne Airbag an der Windschutzscheibe sitzt.
Brasilien ist "Eckstein" in Winterkorns Strategie
VW hält nach dem italienischen Konkurrenten Fiat in der Rubrik Pkw und leichte Nutzfahrzeuge die meisten Marktanteile. 2012 entfielen auf die Wolfsburger 21,1 Prozent, knapp hinter den Italienern (23 Prozent), die mit ihrem 255.000 verkauften Fiat-Uno-Modellen auf Platz zwei der Einzelwertung hinter dem "Gol" lagen. VW produziert in seinen vier Werken Anchieta, Taubaté, São Carlos (Bundesstaat São Paulo) und Curitiba (Bundessaat Paraná) mit 24.000 Mitarbeitern rund 3500 Fahrzeuge und 3800 Motoren - täglich.
VW-Vorstandschef Martin Winterkorn bezeichnete Brasilien im Oktober 2012 bei der São Paulo Motor Show als einen "Eckstein" der Strategie, bis spätestens 2018 weltgrößter Autobauer zu werden. "Wir erwarten uns einen Riesen-Push", sagte er damals und zeigte sich selbstbewusst. "Gehen Sie mal durch die Parkhäuser von Fußballstadien. Da werden Sie feststellen, dass der Anteil unserer Konzernmarken größer ist." Doch hat sich zuletzt auch die Euphorie in Brasilien, dem grünen Giganten, leicht eingetrübt.
VW plant Milliardeninvestition
Das Wachstum der sechstgrößten Volkswirtschaft schwächelte 2012, als das Bruttoinlandsprodukt nur um 0,9 Prozent zulegte und damit deutlich weniger als 2011 (2,7 Prozent) oder gar 2010 (7,5 Prozent). Auch wenn VW im Vorjahr in seinen Brasilien-Werken mit 852.000 Autos einen Produktionsrekord und auch im Januar einen starken Monat erlebte, blieb auch der Absatzmarkt Brasilien im Februar nicht von eine Delle verschont. Der VW-Absatz schrumpfte um 5,2 Prozent auf 82.100 Autos.
Doch die Stimmung ist gut und bis 2016 wollen die Wolfsburger 3,4 Milliarden Euro in den Standort Brasilien investieren. Zur 60-Jahr- Feier mietete VW das historische Konzerthaus Sala São Paulo im Zentrum der Elf-Millionen-Metropole an und 1100 geladene Gäste aus Wirtschaft, Politik und Showbiz kamen. Aus Wolfsburg reiste Konzernproduktionsvorstand Michael Macht an. "Brasilien macht Freude. Ein enormes Potenzial", versicherte der Top-Manager. VW knackte 2012 in Brasilien die Marke von insgesamt 20 Millionen produzierten Fahrzeugen. Allein der Gol lief 7 Millionen Mal vom Band.
Quelle: ntv.de, Helmut Reuter, dpa