Wirtschaft

Im Hinterzimmer der Deutschen Börse Dax-Hüter prüfen die Auswahl

Zwei heiße Aufstiegskandidaten: Der eine klebt Reifen und liefert Autoteile, der andere mischt Spezialchemikalien.

Zwei heiße Aufstiegskandidaten: Der eine klebt Reifen und liefert Autoteile, der andere mischt Spezialchemikalien.

(Foto: REUTERS)

Für Börsianer ist es mehr als nur Routine: Viermal im Jahr nimmt die Deutsche Börse die Zusammensetzung von Dax, MDax, TecDax und SDax genauer unter die Lupe. Jedes Mal bangen Anleger und Fondsmanager um die Platzierungen der Börsenliga. An einem Rauswurf oder einer Aufnahme hängt sehr viel Geld. Am Abend ist es wieder so weit.

Tag der Entscheidung: Analyxsten rechnen erst im Herbst mit Bewegung.

Tag der Entscheidung: Analyxsten rechnen erst im Herbst mit Bewegung.

(Foto: REUTERS)

Für die beiden Kandidaten Continental und Lanxess kommt der Termin ein wenig zu früh: Wenn der Arbeitskreis Indizes am Abend über die künftige Zusammensetzung der deutschen Aktienindizes entscheidet, wird es im Dax aller Voraussicht nach keine Änderungen geben.

In den vergangenen Wochen haben die beiden MDax-Unternehmen ihre Kandidatenstellung für den Dax auf Basis ihrer Kursentwicklung zwar deutlich gefestigt. Für einen so genannten Fast Entry - also den im Reglement der Deutschen Börse vorgesehenen Schnellaufstieg in die oberste deutsche Aktienliga - kommen sie aber vorerst wohl noch nicht in Frage.

Bei dem anstehenden Überprüfungstermin für Juni wird sich auch die Zusammensetzung der wichtigsten deutschen Aktienindizes im Schatten des Dax, also MDax, TecDax und SDax, nach Einschätzung von Börsianern wohl nicht verändern. Mit einschneidenden Neuerung rechnen die Analysten erst zum großen jährlichen Überprüfungstermin im September.

Dann allerdings könnten größere Stücke in Bewegung geraten: Der Handelskonzern Metro muss um seinen Platz in der ersten Börsenliga fürchten. Auch MAN könnten aus dem Dax herausfallen. Der LkW-Hersteller sei wegen der relativ geringen Marktkapitalisierung des Streubesitzes ein Abstiegskandidat. Dies gelte vor allem dann, wenn Volkswagen seine Beteiligung weiter erhöhe.

Die Regeln stehen fest: Der Börsenwert des Streubesitzes und der Aktienumsatz entscheiden darüber, in welchen Index ein Unternehmen einsortiert wird. Sollte der Streubesitz weiter fallen, wäre ein Dax-Rauswurf unumgänglich.

Für Anleger ist der Aufstieg eines Unternehmens in den Dax mitunter bares Geld wert: Fondsmanager und andere Finanzprofis, die mit ihren Produkten den Leitindex nachbilden, müssen auf die Entscheidungen des Arbeitskreises reagieren. Oft sind sie starr an ihre eigenen Anlageregeln gebunden und müssen Aktien der betreffenden Kandidaten nachkaufen.

Conti kennt das Spiel

Die besten Aufstiegschancen in den Dax rechnen Experten der WestLB dem Autozulieferer Continental zu. Für das Dax-Gründungsmitglied wäre es der zweite Wiedereinzug in den Leitindex. Beobachter bei der LBBW sehen neben Continental auch Lanxess als potenziellen Dax-Aufsteiger. Der Chemie-Konzern stehe kurz davor, die Kriterien zu erfüllen und könnte MAN ersetzen.

Im Nebenwerteindex MDax und im SDax ließen sich die möglichen Veränderungen im September noch schwerer vorhersagen, betonten Börsianer. Hier komme es darauf an, ob die Übernahmen von Rhön-Klinikum und Schuler sowie die Börsengänge von Evonik und Talanx wie geplant durchgezogen würden.

Im Fall Rhön-Klinikum könnte es dann zu einer außerordentlichen Anpassung kommen: Wenn Fresenius wie geplant 90 Prozent plus eine Aktie an Rhön-Klinikum übernimmt, müssten die Scheine des Klinikbetreibers automatisch aus dem Index der mittelgroßen Aktien weichen. Nachrücker wären aus derzeitiger Sicht wohl die Aktien von TAG Immobilien.

Im TecDax hat sich die Stellung von Centrotherm in den vergangenen Wochen dagegen so stark verschlechtert, dass die Papiere des Unternehmens aus der Solarbranche vermutlich schon im Juni absteigen müssen. Als potenzielle Aufsteiger gelten Namen wie Sartorius und Cancom. Sollten Gigaset ebenfalls absteigen, kämen wohl beide Unternehmen in den Index der Technologiewerte.

Im kleineren Bruder des Dax, dem SDax, erfüllen zwar laut LBBW-Analyst Uwe Streich Villeroy & Boch und SMT Scharf die Kriterien für einen Aufstieg in den Kleinwerteindex. Der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse werde jedoch im Sinne der Index-Kontinuität aber sicher eine abwartende Haltung einnehmen, da kein SDax-Wert zwingend absteigen müsse.

Wo die Spielregeln entstehen

Der Arbeitskreis Aktienindizes ist ein Gremium des Indexanbieters Deutsche Börse. Die Mitglieder beraten den Vorstand des Marktbetreibers "auf Basis fester Indexregeln", wie es in den hauseigenen Erläuterungen heißt, "bei der Zusammensetzung der Auswahlindizes (...) sowie bei der Gestaltung der entsprechenden Indexregeln".

Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus Mitarbeitern der Deutschen Börse sowie Vertretern "von führenden nationalen und internationalen Finanzinstituten" und tagt "jeweils am dritten Arbeitstag im März, Juni, September und Dezember".

Quelle: ntv.de, DJ/rts

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