Zuckerbergs Kritiker triumphieren Facebook-Aktie hängt durch
21.05.2012, 18:00 Uhr
Ganz neues Interesse an Aktien: Schaulustige drängelten sich vor dem Wochenende vor der Nasdaq-Zentrale.
(Foto: AP)
Die Kritik am Börsen-Hype rund um Facebook scheint berechtigt: Die Aktien brechen zum Start in ihren zweiten Handelstag um bis zu 13 Prozent ein. Den höchsten Verlust macht Mark Zuckerberg selbst. Der frisch vermählte Gründer des sozialen Netzwerkes verliert binnen Minuten fast zwei Milliarden Dollar.

Skeptische Blicke an der Nasdaq: Ist das der Absturz oder nur eine kleine Korrektur?
(Foto: REUTERS)
Für die hochgejubelte Facebook-Aktie geht es gnadenlos abwärts: Der zweite Handelstag beginnt für das Soziale Netzwerk mit einem Desaster an der Börse. Erst waren es minus 6 Prozent, dann minus 8 Prozent, eine kurze Verschnaufpause - dann fiel das Papier am Morgen (Ortszeit New York) zwischenzeitlich sogar um mehr als 13 Prozent. Für Gründer und Chef Mark Zuckerberg ist das Votum der Anleger wie eine Ohrfeige.
Nach rund einer Stunde Handel in New York pendelte sich die Facebook-Aktie bei einem Minus von knapp 12 Prozent ein. Das Papier kostete damit um die 34 Dollar. Viele Anleger hatten auf Kurszuwächse von zehn, zwanzig oder mehr Prozent an den folgenden Handelstagen gesetzt. Mit den Kursverlusten am zweiten Handelstag lösten sich binnen kürzester Zeit mehr als 11 Mrd. Dollar Börsenwert in Luft auf. Das von gegründete Unternehmen Facebook war an der Börse zuletzt rein rechnerisch noch 93 Mrd. Dollar wert.
Am ersten Handelstag vor dem Wochenende hatte das Papier denkbar knapp um 23 Cent über dem Ausgabekurs von 38 Dollar geschlossen - es war ein mauer Abschluss eines nervenaufreibenden ersten Handelstags. Erschwerend hinzu kamen . Die am Börsengang beteiligten Banken - darunter Konsortialführer Morgan Stanley - hatten beim Debüt in die Bresche springen müssen, um zu verhindern, dass die Facebook-Aktie unter den Ausgabepreis fällt. Die Stützungskäufe, die das Geldhaus Millionen gekostet haben dürften, gab es zu Wochenbeginn nicht mehr.
Die ungewöhnlich steile Talfahrt warf dennoch Fragen nach der Ursache auf. Einige Beobachter bezeichneten den Ausgabepreis, den die Konsortialbanken festgelegt hatten, als zu hoch. Der Preis war noch kurz vor dem IPO angehoben und auch die Zahl der zum Verkauf stehenden Aktien war ausgeweitet worden. Andere Experten sahen die Schuld vor allem bei der Nasdaq, die mit dem Facebook-Börsengang den größten IPO ihrer Geschichte bewältigen musste. Die Technologiebörse versicherte, die jetzt geplanten Änderungen würden eine Wiederholung des Geschehens vom Freitag verhindern. Die Aufarbeitung der Pannen vom Facebook-Börsenstart werden aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Morgan-Stanley-Kreisen zufolge gibt es immer noch Aufträge, die nicht abgewickelt wurden. Facebook wollte sich nicht äußern.
Mit dem Kursverlust können sich nun all jene bestätigt fühlen, die Facebook für überbewertet halten. Zwar besitzt das Netzwerk gut 900 Millionen Mitglieder, doch die Geschäftszahlen fallen bislang eher bescheiden aus: Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen 3,7 Mrd. Dollar Umsatz und 1 Mrd. Dollar Gewinn. Die Haupteinnahmequelle ist Werbung.
Zuckerberg ist größter Anteilseigner
Der Verlust macht sich nicht nur bei Kleinanlegern im Depot bemerkbar. Besonders groß sind die Ausschläge beim frisch verheirateten Firmengründer und -chef Mark Zuckerberg. Er ist mit 503,6 Mio. Aktien der größte Facebook-Anteilseigner. Damit macht eine Veränderung von 1 Dollar je Aktie in seinem Fall rund eine halbe Milliarde Dollar aus.
Bereits im Vorfeld des Börsengangs waren die kritischen Stimmen immer lauter geworden. So wurde bekannt, dass der Autoriese General Motors (GM) seine Anzeigenkampagne auf Facebook stoppt, weil die Kunden schlicht nicht erreicht würden. Überdies muss Facebook eine Lösung für das Problem finden, das immer mehr Nutzer per Smartphone mit ihren Facebook-Freunden kommunizieren - ein Handy-Bildschirm bietet aber viel weniger Platz für Werbung.
Analysten sahen Facebook nun erst einmal auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Investoren könnten die Aktie jetzt zunächst mit Vorsicht behandeln. Es existierten Bedenken bezüglich der Wachstumsaussichten und der Entwicklung der Werbeeinnahmen, sagte Analyst Brian Wieser von der Pivotal Research Group. Er halte einen Facebook-Aktienpreis von 30 Dollar für angemessen. Ähnlich mahnend hatten sich vor dem Börsengang auch andere Experten geäußert. Gleichwohl hatten Anleger die Papiere auch zu dem angehobenen Preis von 38 Dollar gezeichnet.
Facebook und die Alteigentümer hatten Ende vergangener Woche im Rahmen des Börsengangs 421 Mio. Aktien verkauft. Eine schwächer als gedacht ausgefallene Nachfrage hatte die Anteilsscheine am ersten Handelstag jedoch beinahe unter den Ausgabekurs gedrückt. Der schwache Auftakt hatte den gesamten Markt und vor allem andere Internetaktien belastet.
Die peinliche Panne an der Nasdaq trug in jedem Fall nicht zur Stützung des Aktienkurses bei: Die Systeme an der Nasdaq waren mit dem größten Internet-Börsengang aller Zeiten offensichtlich überfordert. "Das war nicht unsere Sternstunde", räumte Nasdaq-Chef Robert Greifeld anschließend in einer Telefonkonferenz ein. Er hatte Ende zuvor noch gemeinsam mit Zuckerberg die Eröffnungsglocke der Börse geläutet.
Software-Pannen verärgern Börsianer
Nach Greifelds Worten lag das Problem in der Stornierung von Aufträgen. Auch ausführliche Tests im Vorfeld hätten die Fehlfunktionen nicht aufgedeckt. Die Software habe sich aufgehängt, Mitarbeiter hätten manuell eingreifen müssen. Der Handel mit den Facebook-Papieren begann letzte Woche mit einer halben Stunde Verspätung und lief auch danach nicht fehlerfrei. Die Börsenaufsicht SEC untersucht die Pannen.
Börsianer beschwerten sich, dass sie über Stunden nicht gewusst hätten, ob ihre Aufträge nun ausgeführt worden seien oder nicht. Einige sagten, sie hätten durch die Aussetzer Geld verloren und verlangen nun Wiedergutmachung von dem Börsenbetreiber. Das bedeutet einen Imageschaden für die Nasdaq. Die rein computergestützte Börse hatte der traditionsreichen New York Stock Exchange den Facebook-Börsengang weggeschnappt.
Quelle: ntv.de, dpa/rts