Kein Schadenersatz für SolidarstreikFluggesellschaften gehen leer aus

Der juristische Angriff von vier Fluggesellschaften gegen die kleine Gewerkschaft der Flugsicherung geht nach hinten los. Mit ihrem Aufruf zu einem Solidarstreik der Lotsen stehen die Arbeitnehmervertreter nicht in der Pflicht, für Schäden aufzukommen - im Gegenteil. Das Gericht stärkt der GdF für künftige Konflikte den Rücken.
Gewerkschaften können weiterhin
zu Streiks aufrufen, ohne Angst vor unübersehbaren Haftungsansprüchen haben zu müssen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt wies die Klagen von vier Fluggesellschaften zurück,
die nach einem Fluglotsen-Streik am Stuttgarter Flughafen rund 32.500 Euro Schadensersatz
wegen ausgefallener Flüge verlangt hatten. Die Gewerkschaft der Flugsicherung müsse
nicht haften, erklärte das Gericht in einem Urteil.
Als nicht direkt bestreikte
Dritte seien die Fluggesellschaften in ihrem Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb
nicht eingeschränkt worden, erklärte die Richterin Ursula Schmidt. Die durch den
gegen die Deutsche Flugsicherung (DFS) gerichteten Arbeitskampf entstandenen Schäden
müssten sie grundsätzlich hinnehmen. Geklagt hatten die Lufthansa, Air Berlin, Tuifly
und Germanwings. Lediglich bei der Lufthansa hatten Jets auf dem Flughafen festgesteckt,
da sie ohne die Lotsen nicht starten durften.
Streiks genießen besonderen Schutz
Die bei der DFS beschäftigten
Tower-Lotsen hatten mit dem Ausstand am 6. April 2009 den bereits mehr als einen
Monat währenden Arbeitskampf der Vorfeldkontrolleure bei der Stuttgarter Flughafengesellschaft
unterstützt. In sechs Stunden fielen damals 31 Flüge aus. Arbeitsgerichte in Baden-Württemberg
wie auch in Frankfurt hatten den Streik als legal eingestuft.
Die Kammer gestand zudem
den Gewerkschaften ein weites gesellschaftliches Betätigungsfeld zu. Aus dem Grundgesetz
ergebe sich für sie eine besondere Rolle bei der Entwicklung des sozialen Lebens.
Er müsse vermieden werden, dass sie in streitigen, rechtlich noch ungeklärten Fällen
durch das Aufbürden von Haftungsrisiken gelähmt würden.
Weitere Urteile folgen
GdF-Sprecher Mathias Maas
zeigte sich sehr zufrieden mit dem Urteil. "Wir fühlen uns gestärkt. Das hilft
der Tariflandschaft in Deutschland." Er rechne mit einer ähnlichen Entscheidung
in einem weiteren Prozess um Schadensersatz nach einem lediglich angekündigten,
aber nicht durchgeführten Lotsenstreik im vergangenen Jahr. Hier verlangen Lufthansa,
Ryanair und Air Berlin zusammen rund 3,2 Mio. Euro von der Gewerkschaft.
Auch beim jüngsten GdF-Streik
auf dem Vorfeld des Frankfurter Flughafens haben Lufthansa und der Betreiber Fraport
mit Forderungen in vielfacher Millionenhöhe gedroht, diese aber bislang nicht geltend
gemacht.
Das nun gefällte Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ein Lufthansa-Sprecher sagte, das Unternehmen warte noch die schriftliche Urteilsbegründung ab und prüfe dann, ob am Landesarbeitsgericht Hessen Berufung eingelegt werde.