Sturm auf Nobelpreis Frauen erobern Männerbastion
12.10.2009, 17:23 UhrIn diesem Jahr sind insgesamt fünf Frauen mit dem berühmtesten Preis der Welt ausgezeichnet worden - eine für Nobelpreis-Verhältnisse schier unglaubliche Zahl.

In diesem Jahr sind von den insgesamt 13 Nobelpreis-Trägern fünf weiblich.
(Foto: REUTERS)
Eher gehe ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass eine Frau den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekomme. So kann in Stockholm nicht mehr gespottet werden. Mit der Vergabe des diesjährigen Ökonomiepreises an die US-Forscherin Elinor Ostrom sind 40 Jahre totale Männerdominanz seit der Stiftung dieser Auszeichnung beendet.
Nicht genug damit: In diesem Jahr sind insgesamt fünf Frauen mit dem berühmtesten Preis der Welt ausgezeichnet worden, eine für Nobelpreis-Verhältnisse schier unglaubliche Zahl. Das vergangene Jahr war da anders: Elf Männer, null Frauen. Zwar konnte das "stärkere Geschlecht" auch 2009 dank des männlichen Friedensnobelpreisträger Barack Obama aus den USA mit sieben Auszeichnungen noch die Mehrheit verteidigen - aber sie wackelt wie nie zuvor.
Die schwedischen Juroren, in der überwiegenden Anzahl Männer, bestreiten jede Absicht - auch beim Wirtschaftspreis, über die Männerdominanz bei dem international zunehmend Spott und Häme ausgeschüttet worden war. Komitee-Mitglied Mats Persson meint: "Wir dürfen da nicht taktisch denken: Ob Frau, Mann, Amerikaner, Nicht-Amerikaner, Rechte, Linke. Elinor Ostrom hat den Nobelpreis nicht wegen ihres Geschlechts bekommen, sondern ausschließlich für Verdienste um die Forschung."
Rekordjahr für Nobelpreisträgerinnen

Medizin-Nobelpreisträgerin Carol Greide gemeinsam mit ihren 13 und neun Jahre alten Kindern.
(Foto: dpa)
Es fiel aber in diesem Jahr wirklich auf: bei den Medizinern lagen die Frauen mit 2:1 durch Elizabeth Blackburn und Carol Greider aus den USA vorne, in der Chemie wurde die israelische Wissenschaftlerin Ada E. Yonath mit zwei Männern zusammen ausgezeichnet. Und den Literatur-Preis holte sich die in Rumänien geborene Berlinerin Herta Müller ganz alleine.
Literatur-Juror Peter Englund immerhin bekannte letzte Woche, es sei "ein klasse Gefühl, eine Frau mit dem Nobelpreis auszuzeichnen". Damit niemand auf falsche Gedanken kommen konnte, fügte er - ohne Luft zu holen - an: "Aber Herta Müller ist einfach gut und alles andere als eine Quotenfrau."
"Das klasse Gefühl haben sie bei der Literatur ja schon viel öfter gehabt, bei uns ist es das erste Mal, wir empfinden das noch nicht so", konstatiert Mats Persson von der Jury für den Wirtschafts-Preis trocken. Tatsächlich haben die Schriftstellerinnen mit drei der vergangenen sechs Vergaben seit 2004 schon so etwas wie kurzfristigen Gleichstand mit ihren männlichen Kollegen oder, wenn es um Preise geht, Konkurrenten hergestellt.
Nobelpreis-Verhältnis 762:40

Die in Rumänien geborene Schriftstellerin Herta Müller wurde mit dem Literatur-Nobelpreis geehrt.
(Foto: dpa)
Bis das längerfristig für alle Nobelpreise gesagt werden kann, ist noch ein extrem weiter Weg zurückzulegen: seit der ersten Vergabe 1901 bis zu diesem Jahr haben 762 Männer und 40 Frauen das Nobelpreis-Diplom in Empfang nehmen können. Davon die Französin Marie Curie gleich zweimal.
So bleibt der Nobelpreis alles in allem wohl doch noch ein bisschen Männerbastion. Oder auch Frack- oder Buckelbastion. Denn bei der Verleihung jeweils am 10. Dezember besteht für alle männlichen Preisträger Frackzwang. Und sie müssen die vorgeschriebene Verbeugung vor Schwedens König Carl XVI. Gustaf sogar bei einer Bühnenprobe üben. Weibliche Nobelpreisträger können sich ihre Festkleidung viel freier aussuchen und sollen vor dem Regenten auch nur ein klein bisschen knicksen. Das reicht fürs strenge Nobelpreis-Protokoll.
Quelle: ntv.de, Thomas Borchert, dpa