Turbulenzen auf dem Arbeitsmarkt Für Piloten wird es eng
12.07.2009, 12:43 UhrDie Wirtschaftskrise bringt den Arbeitsmarkt für Piloten in heftige Turbulenzen. Viele Fluggesellschaften bauen angesichts von Einbrüchen bei Passagier- und Luftfrachtzahlen auch bei den Piloten Stellen ab.

Job mit viel Aussicht: Es ist davon auszugehen, dass eher wieder mehr Piloten nachgefragt werden.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Bei der Bundesagentur für Arbeit waren im Mai 266 Flugzeugführer arbeitsuchend gemeldet, fast doppelt so viele wie im Sommer 2008. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen. "Ich schätze, dass rund 500 bis 600 Piloten in Deutschland auf der Suche nach Arbeit sind", sagt der einzige Pilotenvermittler der Bundesagentur, Holger Bausch. Vor einem Jahr sei alles noch ganz anders gewesen: "Da kamen wir mit dem Vermitteln nicht hinterher."
Langfristig ist allerdings davon auszugehen, dass weltweit eher wieder mehr Piloten nachgefragt werden. Einer früheren Studie des Flugzeugbauers Boeing zufolge wird sich die Zahl der Verkehrsflugzeuge von 2006 bis 2026 weltweit verdoppeln - von 18.230 auf 36.420. In diesem Zeitraum müssten mehr als 363.000 Piloten ausgebildet werden. Auch wenn Boeing inzwischen die Zahl der benötigten Passagierflugzeuge in den nächsten 20 Jahren auf 29.000 heruntergeschraubt hat, so ist der Bedarf an Piloten weltweit immer noch enorm, wie Branchenkenner berichten. "Der globale Trend geht nach oben, auch wenn es jetzt eine kleine Delle gibt", glaubt auch Bausch. Wer sich jetzt als Pilot ausbilden lasse, sagt Bausch, könne genau dann fertig werden, wenn wieder welche gesucht würden.
Lufthansa: Piloten halbe Kraft voraus
Wegen der Wirtschaftskrise ist die sonst übliche Frühjahrsbelebung auf dem Piloten-Arbeitsmarkt aber erst einmal ausgeblieben. Bei der Lufthansa erhalten neu eingestellte Piloten deshalb nur noch halbe Stellen. Die Airline hat bereits im vergangenen Jahr außerdem die Kapazität ihrer Flugschule in Bremen von 300 auf 240 Plätze gekürzt. Fertig ausgebildete Piloten müssen derzeit neun Monate bis zum Berufseinstieg als Co-Pilot warten. In dieser Zeit vermittele die Lufthansa die Absolventen der Flugschule in andere Unternehmensbereiche, zu anderen Airlines oder zur Flugsicherung.
Trotzdem sei das Interesse an einem Job als Pilot ungebrochen, sagt Unternehmenssprecher Michael Lamberty. "Die jungen Leute lassen sich nicht abschrecken." Mittelfristig rechnet auch die Lufthansa wieder mit einem größeren Bedarf. Bis 2011 werde das Pilotenkorps von 3800 auf 4100 wachsen, auch wegen des neuen Airbus A380. Eine Umschulung erfahrener Piloten auf ein solch großes Flugzeug dauere beispielsweise einen Monat. Da der Pilot in dieser Zeit nicht für Linienflüge zur Verfügung stehe, werde Ersatz benötigt.
Lehrgänge aus eigener Tasche
Arbeitslose Piloten müssen nicht nur auf ihr Gehalt verzichten, sondern auch selbst investieren, wenn sie auf dem Arbeitsmarkt weiter eine Chance haben wollen: Um ihre Fluglizenz nicht zu verlieren, müssen sie diese regelmäßig mit Übungen am Simulator erneuern. Kostenpunkt: Mehrere Tausend Euro. Ein Training, um in einer bestimmten Maschine den Steuerknüppel übernehmen zu dürfen, kostet laut Bausch bis zu 40.000 Euro. Üblicherweise zahlten die Arbeitgeber dieses Training.
In der Krise gebe es jedoch mehr und mehr Firmen, die von Bewerbern verlangten, dass sie dieses Training bei ihrer Einstellung mitbringen. Überhaupt ist der Beruf nicht billig: Bei der Lufthansa und der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin müssen Pilotenschüler 60.000 Euro selbst zahlen.
Piloten sind "treu"
Dass ein ausgebildeter Pilot bereit wäre, auch in einem anderen Beruf zu arbeiten, ist höchst selten. "Für die ist das nicht nur ihr Beruf, sondern auch Berufung. Die sind wild auf diesen Job", sagt Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit. Das kann auch Bausch aus seiner Vermittlungsarbeit bestätigen.
Viele Bewerber könnten sich als Alternative höchstens Fluglehrer, einen Job bei der Flugsicherung oder in der Flugvorbereitung vorstellen, berichtet Bausch. Dass ein Pilot, weil er zunächst keinen Job finde, bereit sei, sein Glück in einem gänzlich anderen Metier zu suchen und beispielsweise Medizin zu studieren, kommt auch nach Handwergs Beobachtung extrem selten vor: "Das ist einer von 10.000."
Quelle: ntv.de, dpa