Wirtschaft

Stunden der Entscheidung In Athen tickt die Uhr

Proteste in Athen: Streiks begleiten die historische Abstimmung im Parlament.

Proteste in Athen: Streiks begleiten die historische Abstimmung im Parlament.

(Foto: REUTERS)

Griechenland steht vor einer Schicksalswoche: Giorgos Papandreou kämpft, um das Sparprogramm durchs Parlament zu bringen. Scheitert er, ist das Land pleite. Die Gewerkschaften machen mit einem 48-stündigen Streik mobil gegen die Sparmaßnahmen. Ein Unternehmen im Norden spielt anscheinend eine Schlüsselrolle.

Das pleitebedrohte Griechenland steht in dieser Woche vor der wichtigsten Weichenstellung seit der Wiederherstellung der Demokratie 1974.

Muss um jede Stimme kämpfen: Giorgos Papandreou.

Muss um jede Stimme kämpfen: Giorgos Papandreou.

(Foto: AP)

Das Parlament hat am Montag mit mehrtägigen Beratungen über das umstrittene Sparprogramm der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou begonnen. Mitte der Woche sollen die Abgeordneten entscheiden: Gemäß dem Terminplan des Parlaments soll über das Sparpaket am Mittwoch und über das Gesetz zu seiner Umsetzung am Donnerstag abgestimmt werden.

Von der Annahme des Pakets, mit dem bis 2015 78 Mrd. Euro eingespart werden sollen, hängt die Auszahlung einer weiteren Kredittranche von EU und IWF in Höhe von 12 Mrd. Euro ab. Außerdem ist der strikte Sparkurs Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Mrd. Euro.

Fließt das Geld nicht, ist Griechenland pleite. Deutschland rechnet mit einer Zustimmung des griechischen Parlaments für das Sparpaket. "Wir gehen davon aus, dass sie diese Maßnahmen beschließen werden", sagte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen. Die Euro-Finanzminister könnten dann bei ihrem Treffen am 3. Juli das neue Hilfsprogramm für Griechenland vereinbaren. Allerdings müsse die Eurozone auch auf den Fall vorbereitet sein, dass die Parlamentsmehrheit in Athen wider Erwarten nicht erreicht werde. Einen gibt es nach Angaben aus Berlin und Brüssel allerdings nicht.

Die Mehrheitsverhältnisse bringen die europäische Öffentlichkeit in die ungewöhnliche Lage, sich intensiv mit den Fragen griechischer Innenpolitik auseinandersetzen zu müssen. Die regierenden Sozialisten haben 155 Sitze im 300-köpfigen Parlament.

In Athen haben zwei Abgeordnete bereits angekündigt, sie könnten "unter den jetzigen Umständen" das Sparprogramm nicht billigen. Es handelt sich um zwei Parlamentarier, deren politische Klientel mit der zur Privatisierung anstehenden Elektrizitätsgesellschaft (DEI) verbunden sind.

Kampf gegen Besitzstände

Der aus der Hafenstadt Thessaloniki stammende Thomas Robopoulos ist Unternehmer. Sein Familienbetrieb bekomme nach Informationen der griechischen Presse Aufträge von der Elektrizitätsgesellschaft. Der andere potenzielle Abweichler, der 62-Jährige Alekos Athanasiadis wurde in der Region der nordgriechischen Stadt Kozani gewählt. In dieser Region gibt es die größten griechischen Braunkohle-Kraftwerke. Nahezu jeder zweite Einwohner arbeitet bei der DEI oder hat ein Mitglied seiner Familie, die von der Elektrizitätsgesellschaft beruflich abhängig ist. Er stehe unter starkem Druck seiner Wähler, hieß es.

Klingt rabiat, ist im Prinzip aber eigentlich selbstverständlich: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus", heißt es im deutschen Grundgesetz, Artikel 20, 2. Von "Counterattack" steht dort allerdings nichts.

Klingt rabiat, ist im Prinzip aber eigentlich selbstverständlich: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus", heißt es im deutschen Grundgesetz, Artikel 20, 2. Von "Counterattack" steht dort allerdings nichts.

(Foto: REUTERS)

Dem Sparprogramm nach soll der Staat 17 Prozent der DEI verkaufen. Zurzeit hat Athen 51 Prozent der Aktien. Die als privilegiert geltenden DEI-Beschäftigten fürchten, dass sie mit der Privatisierung ihre Vorteile verlieren könnten. Damit könnten ihre Gehälter, die bis zum Dreifachen des Durchschnittslohns des privaten Bereichs ausmachen, gekürzt werden.

Wie es aus Kreisen der Regierungspartei der Sozialisten hieß, versucht die Führung der Partei, darunter auch der Finanzminister , die beiden "Rebellen" umzustimmen. Die Regierungspartei fürchtet aber auch einige andere bislang "schweigende" Abgeordnete. Der Druck soll bereits erste Wirkungen zeigen. Einer der zwei potenziellen Abweichler soll seine Meinung angesichts der möglichen Finanzkatastrophe für das Land geändert haben, berichtete der griechische Rundfunk ohne den Namen zu nennen.

Streiks werden das Land lähmen

Aus Protest gegen das Sparprogramm enthüllten Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Morgen auf der Akropolis zwei Riesentransparente. "Die Völker ergeben sich nie" war darauf auf Griechisch und Englisch zu lesen. Für Dienstag und Mittwoch haben viele Gewerkschaften des privaten und staatlichen Bereichs Streiks gegen den Sparkurs der Regierung angekündigt.

Unter anderem soll es am Dienstag zu erheblichen Verspätungen im Bereich Luftverkehr kommen. Die Fluglotsen wollen am Dienstagvormittag zwischen 07.00 und 11.00 Uhr und danach am Abend zwischen 17.00 und 21.00 Uhr (MESZ) streiken. Dutzende Flüge sollen verschoben oder annulliert werden.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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