Geringeres Wachstum erwartet Italien verfehlt Ziele
05.09.2011, 17:17 UhrItalien ist eines der größten Sorgenkinder in der Euro-Zone. Nun wird das hochverschuldete Land nach Lage der Dinge seine Wachstumsziele für dieses und das kommende Jahr verfehlen. Daneben ist noch völlig unklar, ob das neue Sparpaket der Regierung Berlusconi mit dem angestrebten Volumen durchgesetzt wird.
Italiens Wirtschaft wird 2011 und 2012 wahrscheinlich langsamer wachsen als von der Regierung angepeilt. "Es wird sehr schwer für Italien, ein Wachstum von 1,1 Prozent in diesem und im nächsten Jahr zu erreichen", sagte ein ranghoher Regierungsvertreter in Rom.
Offiziell erwartet die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi für das laufende Jahr noch ein Anziehen der Konjunktur um 1,1 Prozent und für 2012 ein Plus von 1,3 Prozent. Details für eine neue Prognose dürften am 20. September vorliegen, wenn auch neue Haushaltsdaten veröffentlicht werden.
Die italienische Notenbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) gehen davon aus, dass das Wachstum in diesem Jahr unter ein Prozent liegt und im Jahr noch schwächer ausfällt. Grund dafür ist nicht zuletzt ein Sparpaket von 45,5 Milliarden Euro. Damit will die Mitte-Rechts-Koalition verlorenes Vertrauen an den Finanzmärkten zurückgewinnen.
Erschreckende Planlosigkeit
Allerdings wird in Europa an einer Bereitschaft gezweifelt, dass Sparpaket in seiner Gänze durchzusetzen. Denn die Regierung Berlusconi zerpflückt es schon wieder. Die Reichensteuer, die Abschaffung von Gemeinderäten kleiner Städte, das höhere Renteneintrittsalter für Akademiker - alle diese Vorhaben fielen in Windeseile dem Koalitionsgezänk zum Opfer. Berlusconi schlug eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vor, aber sein Finanzminister Giulio Tremonti sperrte sich dagegen.
Zurückgezogen wurden auch Pläne, einige staatliche Feiertage auf Sonntage zu verlegen. Damit wären die Italiener um ihre geliebten langen Wochenenden gebracht worden. Was bleibt ist die vage Zusage, Steuerhinterziehung entschlossener zu bekämpfen.
Für den Politikwissenschaftler Luca Ricolfi von der Universität Turin offenbart das Krisenmanagement der Regierung eine erschreckende Planlosigkeit. "Wir sehen eine wirklich beeindruckende Demonstration mangelnder Vorbereitung", sagt Ricolfi. Die Schuldenproblematik Italiens sei seit Jahren bekannt. "Aber diese Leute improvisieren einfach. Sie treffen sich am Abend und versuchen, Dinge in 24 Stunden zu erledigen, die zwei Jahre Arbeit und Vorbereitung verlangen", kritisiert Ricolfi, einer der bedeutendsten politischen Kommentatoren des Landes. "Es wird sehr schwer für sie, so weiterzumachen."
Quelle: ntv.de, wne/rts