Wirtschaft

Milliardengewinne wie vor der Krise JP Morgan feiert Fed-Effekte

Das Hypothekengeschäft brummt als hätte es die große Krise nie gegeben.

Das Hypothekengeschäft brummt als hätte es die große Krise nie gegeben.

(Foto: REUTERS)

An der Wall Street bestaunen Anleger glänzende Gewinne im Finanzsektor: Die US-Großbank JP Morgan fährt im abgelaufenen Quartal einen Reingewinn von nicht ganz sechs Milliarden Dollar ein. Bankchef Dimon ruft das nahende Ende der Krise aus: "Der Häusermarkt hat die Talsohle durchschritten."

Die größte US-Bank JP Morgan Chase ist mit ihren Nettoerträgen wieder auf dem Vorkrisenniveau angekommen. Hauptgrund ist die boomende Nachfrage nach Hypotheken in den USA, was wiederum direkt auf das Aufkaufprogramms der US-Notenbank Fed und deren NIedrigszinspolitik zurückgeführt werden kann.

Im dritten Quartal steigerte JP Morgan den Nettogewinn eigenen Angaben zufolge um ein Drittel auf 5,7 Mrd. Dollar. Das Ergebnis übertraf deutlich die Erwartungen der Analysten. Die Reaktionen am Markt blieben nicht aus: Vorbörslich zogen die Aktien um bis zu zwei Prozent an. Nach Handelsstart an der Wall Street kühlte sich die Zuversicht der Anleger allerdings wieder leicht ab. Zeitweise fiel der Kurs um 0,7 Prozent zurück.

"Der Häusermarkt hat die Talsohle durchschritten", bilanzierte Bankchef Jamie Dimon. Allein im Hypothekengeschäft nahm das Institut 1,8 Mrd. Dollar ein - 36 Prozent mehr als vor einem Jahr. Zudem konnte JP Morgan die Risikovorsorge in dem Bereich zurückfahren.

Der Mini-Boom bei den Immobilienfinanzierungen steht in engem Zusammenhang mit den anhaltend niedrigen Zinsen: Viele Häuslebauer wollen aktuell ihre Hypotheken umschulden, um davon zu profitieren. Zugleich haben die Banken keine Probleme, die Finanzierungen am Kapitalmarkt weiterzuverkaufen - ein Muster, das unter skeptischen Beobachter Stirnrunzeln hervorrufen dürfte.

Die Fed-Spritze beginnt zu wirken

Um die Risiken weiterzureichen, bündeln die Banken die Finanzierungen in Wertpapiere, die mit Hypotheken besichert sind - der Markt für ähnliche Finanzprodukte war vor fünf Jahren zusammengebrochen, die Finanzkrise nahm ihren Lauf. Mittlerweile rennen die Investoren den Instituten wieder die Türen ein. Die Papiere sind wieder hochbegehrt.

Der wichtigste Grund dafür liegt auf der Hand: Die US-Notenbank Fed steht . Die Fed hat angekündigt, zur Stützung der Konjunktur pro Monat bis zu 40 Mrd. Dollar an Hypothekenpapieren aufzukaufen. Mehr und mehr Investoren wittern ein absolut wasserdichtes Geschäft.

JP Morgan war im Sommer , nachdem ein milliardenschwerer Handelsskandal in London entdeckt worden war. Fehlspekulationen mit Derivaten brockten dem Institut bis Ende Juni fast sechs Milliarden Dollar an Verlusten ein. Im dritten Quartal sei nochmal "moderat" etwas dazugekommen, hieß es nun. Im letzten Vierteljahr sei mit weiteren Belastungen von 300 Mio. Dollar zu rechnen. Der betroffene Händler, der in London ein Milliarden-Portfolio an Derivaten aufgehäuft hatte, ist in Fachkreisen mittlerweile unter seinem Spitznamen "Londoner Wal" bekannt.

Wells Fargo meldet Rekordgewinn

Auch für eine weitere US-Branchengröße geht der Aufschwung in der Nachkrisenzeit weiter: Die US-Großbank Wells Fargo deckte nach dem dritten Quartal ein Rekordergebnis auf. Der Gewinn des Instituts mit Sitz in San Francisco schwoll im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22 Prozent auf den Rekordwert von 4,94 Mrd. US-Dollar an. Damit übertrafen auch die Zahlen von Wells Fargo die Erwartungen der Analysten.

Die Bank profitierte von der sich bessernden US-Konjunktur und dem weiter anziehenden Immobilienmarkt. Das lässt Kreditausfälle sinken. Zudem reduzierte Wells Fargo weiter die Kosten.

Wells Fargo gilt ohnehin schon als einer der Gewinner der Finanzkrise. Die Bank übernahm den Rivalen Wachovia und entwickelte sich zum größten Kreditgeber für Häuser des Landes, ein Drittel aller Immobiliendarlehen stammt inzwischen vor ihr. An der Börse sind die Kalifornier inzwischen die wertvollste US-Bank.

Krisenfeste Strategie

Die Schuldenkrise in Europa lässt Wells Fargo dagegen weitgehend kalt, weil sich das Institut auf das Privatkundengeschäft konzentriert und vergleichsweise wenig Investmentbanking betreibt. Dennoch mischt die Bank auch international stärker mit. Von der zerschlagenen Düsseldorfer WestLB übernahm es Ende Juni das Geschäft mit Beteiligungsgesellschaften und Immobilienfonds sowie ein milliardenschweres Kreditpaket.

Ganz verschont bleibt aber auch Wells Fargo nicht von den Altlasten der Finanzkrise. In dieser Woche verklagte die US-Regierung die Bank wegen angeblicher Mauscheleien bei der Vergabe von Immobilien-Darlehen. Wells Fargo soll von 2001 bis 2005 mehr als 100.000 staatlich gesicherte Immobilien-Kredite unrechtmäßig vergeben haben. Die Bank weist die Vorwürfe zurück.

Kritiker fordern eine lückenlose Aufklärung: Schließlich gilt die leichtfertige Vergabe von Immobiliendarlehen durch US-Banken als Teil des Nährbodens, aus dem die Finanzkrise ihre weltumspannende, verhängnisvolle Dynamik beziehen konnte.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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