Finanzmärkte in Aufruhr Krisenrunde in kleinem Kreis
05.08.2011, 06:57 Uhr
Angela Merkel und Nicolas Sarkozy: Krisengespräch zur Krise an den Finanzmärkten? (Archivbild)
(Foto: REUTERS)
Deutliche Verluste an den Aktienmärkten weltweit rufen wieder einmal die Politik auf den Plan. Frankreichs Präsident Sarkozy will sich mit Bundeskanzlerin Merkel und Spaniens Regierungschef Zapatero telefonisch abstimmen. Spanien kämpft - wie Italien - in jüngster Zeit mit immer höheren Anleihenzinsen, die eine Refinanzierung der enormen Schuldenberge teurer machen.
Vor dem Hintergrund der weltweiten Börsen-Talfahrt wollen sich Frankreich, Deutschland und Spanien abstimmen. Dazu sei ein Telefonat des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit Kanzlerin Angela Merkel und dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero geplant, teilte der Élysée-Palast mit - ohne weitere Einzelheiten zu nennen.
Sarkozy hatte am Mittwoch und Donnerstag mit dem Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, die Situation an den Börsen erörtert. Diese hatten zuletzt weltweit Verluste verzeichnet. Zudem waren Italien und Spanien unter den Druck der Märkte geraten.
Barroso will stärkeren EFSF
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte vorgeschlagen, den inzwischen 440 Mrd. Euro schweren Krisenfonds EFSF weiter aufzustocken. In einem Brief an die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten forderte Barroso die Regierungen zu einer "raschen Überprüfung aller Elemente des EFSF" auf: Die Regierungen müssten sicherstellen, dass der Fonds "über die Mittel verfügt, um Ansteckungsgefahren zu bekämpfen".
Eine Sprecherin Barrosos sagte dazu, mit "allen Elementen" sei auch die Finanzausstattung des bisher über ein Volumen von 440 Mrd. Euro verfügenden Krisenfonds gemeint. "Wir müssen überlegen, wie wir die Effizienz des EFSF und des (ab 2013 an dessen Stelle tretenden) ESM weiter verbessern können, um die derzeitige Ansteckung zu bekämpfen", schrieb Barroso. Keine Gegenliebe fand der Vorstoß in Berlin: Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wies die Idee Barrosos zurück und warnte davor, eine Debatte aus der Zeit vor dem Krisengipfel neu zu beleben.
Beschleunigte Flucht
Nach einem Zwischenhoch am Vormittag stürzte der Dax deutlich unter 6400 Punkte - den tiefsten Stand des Jahres. Es war der siebte Handelstag mit Verlusten in Folge.
Die Lage am US-Aktienmarkt verschärfte sich am Donnerstag dramatisch: Der Dow Jones Industrial stürzte um mehr als 500 Punkte ab und fiel erstmals seit Dezember 2010 wieder unter die Marke von 11.400 Punkten. Damit unterbot er deutlich sein bisheriges Jahrestief, dass er im März während der sich zuspitzenden Reaktorkatastrophe in Fukushima erreicht hatte.
Laut Händlern führten die Sorgen um das US-Wirtschaftswachstum global zu einer beschleunigten Flucht aus Aktienwerten. Marktteilnehmer warten nun mit besonders großer Anspannung auf den heute anstehenden US-Arbeitsmarktbericht.
Berlusconi kann nicht beruhigen
Die negative Tendenz an den Börsen setzte sich am Freitagmorgen in Asien fort. Der Nikkei-Index in Tokio verlor bis zur Handelsmitte mehr als 3 Prozent. Schwere Verluste erlitten auch die Aktienmärkte in Südkorea, Hongkong und Australien.
Die Rendite der zuletzt stark unter Druck geratenen italienischen Staatsanleihen sank wieder knapp unter die Marke von 6 Prozent. Die mit Spannung erwartete Rede von Regierungschef Silvio Berlusconi zum Sparpaket stieß allerdings auf ein verhaltenes bis negatives Echo. Das Euro-Krisenland Spanien schaffte am Donnerstag trotz der jüngsten Finanzmarkt-Verwerfungen eine vergleichsweise erfolgreiche Auktion bei seinen Staatsanleihen - allerdings zu den höchsten Preisen seit drei Jahren.
Quelle: ntv.de, dpa