Wirtschaft

"Perfektion des Sozialismus" Kuba erlaubt Privatwirtschaft

Um die bevorstehende Entlassung von einer halben Million Staatsbediensteten abzufedern, will die Regierung in Havanna den Kubanern mehr Geschäfte auf eigene Rechnung erlauben. Damit werde der Sozialismus verteidigt, versichert die Parteizeitung "Granma".

Was würde Che Guevara dazu sagen?

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(Foto: Reuters)

Das krisengeschüttelte Kuba auf dem Weg in mehr Privatwirtschaft: In 178 verschiedenen Bereichen, die bislang Staatsbetrieben vorbehalten waren, können Kubaner künftig selbstständig werden und eigene Geschäfte aufziehen. Außerdem dürfen sie ihre Wohnungen untervermieten, wenn sie die Erlaubnis für eine Auslandsreise haben. Mit diesem Aufweichen der Planwirtschaft sollen soziale Härten durch die bevorstehenden Entlassungswellen im staatlichen Sektor gemildert werden.

Nach den Plänen der Regierung verlieren in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres rund 500.000 Angestellte aus unproduktiven staatlichen Betrieben ihren Job. Sie sollen nicht mehr wie früher bis zu 60 Prozent ihres Lohnes als Arbeitslosenhilfe bekommen, sondern müssen  ihren Lebensunterhalt durch selbstständiges Wirtschaften bestreiten. In Kuba sind 4,9 Mio. Menschen berufstätig, insgesamt leben 11,2 Mio. Menschen in dem Karibikstaat.

Die Parteizeitung "Granma" veröffentlichte am Freitag eine Liste mit den Berufen, die künftig auf eigene Rechnung betrieben werden dürfen: Unter anderem sind das Handwerker, Zimmermänner, Elektriker, Masseure, Mechaniker, Friseure, Programmierer, Hauspersonal, Fahrlehrer, Blumenverkäufer, Schuhputzer und viele andere.

Hoffen auf Steuereinnahmen

Die künftigen Freiberufler und deren Angestellten müssen Steuern zahlen und Beiträge zur Sozialversicherung leisten. In 83 der 178 Aktivitäten dürfen die Unternehmer Angestellte beschäftigen, berichtete "Granma" weiter. Es werde sogar überlegt, dass die Zentralbank Kredite an die Geschäftsgründer vergibt.

Während die Zulassung von kleinen Geschäften und Handwerksbetrieben schon seit längerem eine beschlossene Sache ist, stellt die Vermietung ganzer Wohnungen eine Neuerung in Kuba dar. Bisher war nur die Vermietung von Zimmern in Wohnungen erlaubt. Auch dürfen kleine Restaurants und Bars auf eigene Rechnung betrieben werden. In den bisher erlaubten "Paladares" blieb die Zahl der Sitzplätze allerdings begrenzt und wurde nur von derzeit 12 auf 20 erhöht.

Die kubanische Regierung hat die Reform unter dem Druck wirtschaftlicher Not begonnen. Weltwirtschaftskrise, Unwetterkatastrophen, Korruption und eine starre Planwirtschaft haben die Regierung gezwungen, auf Privatinitiativen zu setzen, um einen völligen Zusammenbruch des Systems zu verhindern.

"Reform des sozialistischen Modells"

Anfang August hatte Präsident Raul Castro den Kubanern Lockerungen in Richtung Marktwirtschaft verkündet, um die sieche Wirtschaft anzukurbeln. Wirtschaftsminister Marino Murillo versicherte, es  gehe nicht um eine grundlegende Reform des sozialistischen Modells. Der Staat müsse die Kontrolle über die Wirtschaft behalten, zumindest über die wichtigsten Bereiche.

Die Reform solle die Wirtschaft nicht nur produktiver machen, sondern auch den Sozialismus verteidigen und weiter perfektionieren, berichtete die "Granma". Durch eine Besteuerung der Kleinunternehmer erhofft sich die Regierung demnach auch höhere Einnahmen und eine verbesserte Umverteilung des Geldes im Land.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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