Weg mit Fannie und Freddie Obama will Hypothekenmarkt umbauen
07.08.2013, 10:35 Uhr
US-Präsident Obama warnt vor der Zocker-Mentalität im Immobilienmarkt.
(Foto: AP)
In der Finanzkrise mussten sie vom Staat gerettet werden, mittlerweile brummen die Geschäfte bei Fannie Mae und Freddie Mac wieder. Das ist nach Ansicht von US-Präsident Obama der richtige Moment, um die US-Immobilienfinanzierer abzuwickeln. Denn er fürchtet die "alte Mentalität", die das ganze Chaos verursacht hat.
US-Präsident Barack Obama hat die größte Reform des US-amerikanischen Hypothekenmarktes seit Jahrzehnten angekündigt. Ihr Kernpunkt: Die beiden riesigen halbstaatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac sollen in ihrer jetzigen Form verschwinden und durch stärker privatwirtschaftlich getragene Hypothekenbanken ersetzt werden.
Mit seinem Vorstoß begibt sich Obama auf politisch dünnes Eis. Der US-amerikanische Hypothekenmarkt hat ein Volumen von 10 Billionen US-Dollar und gilt als kritischer Bereich der US-Wirtschaft. Wenn die Abgeordneten im September aus der Sommerpause zurückkehren, dürfte dieses Thema hitzige Debatten im Kongress entfachen.
Fannie Mae und Freddie Mac sind durch ihre Geschichte und strenge staatliche Regeln eng verbunden mit dem Staat. Ihre Aufgabe ist es, möglichst günstige Immobilienkredite in den USA zu ermöglichen. Sie bieten dazu Hauskäufern nicht selbst Kredite an, sondern kaufen diese von Banken auf. Die Banken erhalten dadurch frisches Geld - und können neue Kredite vergeben. Die aufgekauften Kredite fassen Fannie Mae und Freddie Mac zusammen, verkaufen sie als Anleihen an Investoren und garantieren für die Zahlungen. In der Finanzkrise ging dieses Geschäft nicht mehr auf, denn zahlreiche Hauskäufer konnten ihre Kredite nicht mehr bezahlen. Der Staat sprang deshalb ein und steckte 188 Milliarden Dollar in die beiden Immobilienfinanzierer.
Geschäfte brummen wieder
Jetzt aber steigen in den USA die Hauspreise wieder und davon profitieren die beiden Hypothekengiganten. 132 Milliarden Dollar Dividende haben die beiden Unternehmen an das US-Finanzministerium ausgeschüttet; 188 Milliarden Dollar sind die Anteilsscheine wert, welche die US-Regierung ihnen einst abgekauft hat.
Für Obama ist das Grund genug, die beiden Unternehmen grundlegend auf den Prüfstand zu stellen. Er will auf keinen Fall, dass Fannie und Freddie den quasi-staatlichen Status wiedererlangen, den sie vor der großen Finanzkrise hatten. Damals hätten die beiden Hypothekenfinanzierer in guten Zeiten ordentlich Gewinne gemacht und gewusst, dass "die Steuerzahler würden übernehmen müssen, wenn ihre Wetten schiefgehen", sagte Obama in einer Rede im US-Bundesstaat Arizona. Das Gebiet war von der Immobilienkrise, welche die Finanzkrise ausgelöst hatte, besonders stark betroffen. Wie Zocker hätten sich die Unternehmen verhalten, "und das war falsch", so der Präsident. Er forderte, bei der Immobilienfinanzierung ein neues Kapitel aufzuschlagen und der alten "Mentalität" ein Ende zu bereiten, die "dieses Chaos in erster Linie verursacht hat". "Wir brauchen ein Immobiliensystem, das dauerhaft und gerecht ist und das Verantwortung für die kommenden Generationen belohnt."
Kein Masterplan in der Hand
Eine konkrete Alternative lieferte Obama jedoch nicht. Vielmehr beließ er es dabei, zu betonen, dass er nur ein Hypothekensystem unterstützen werde, das der Mittelschicht Zugang zu langfristigen Festzinshypotheken biete. Solche Darlehen empfinden Amerikaner regelrecht als Geburtsrecht, sie bedürfen aber einer staatlichen Absicherung, damit sie weiterhin großflächig für die Bürger angeboten werden können. Künftig soll sich die Rolle des Staates auf ein Mindestmaß begrenzen, während "die private Kreditvergabe das Rückgrat des Häusermarktes sein sollte", sagte Obama.
Allerdings steckt - wie in jedem großen Gesetzesvorschlag - der Teufel im Detail. Viele Einzelheiten der Reformidee hat die US-Regierung noch gar nicht ausgearbeitet. Zum Teil sind die Vorschläge auch widersprüchlich. So fordert Obama einerseits einen Hypothekenmarkt, der viel stärker als jetzt auf privatem Kapital basieren soll. Andererseits verdammt er die Kultur, übermäßige Risiken einzugehen, und appellierte in seiner Rede an die Politik, solche Exzesse zu unterbinden. Zugleich sollten Politiker dafür sorgen, dass mehr kreditwürdige Bürger an Immobiliendarlehen kommen.
Viele Kreditgeber schrecken seit dem Kollaps des Immobilienmarktes davor zurück, ihre Rahmenbedingungen für die Darlehensvergabe zu lockern. Das hat dazu geführt, dass viele Kreditnehmer die von der Regierung abgesicherten Hypotheken für besonders attraktiv halten.
Dass Obama nun Private stärker einbeziehen will, gilt unter Experten als löblich. Einige sind jedoch auch skeptisch. "Privates Kapital wird teurer sein als das derzeitige Modell und es wird die Zyklen am Häusermarkt verstärken, indem es die Kreditvergabe in Zeiten des Abschwungs drosselt", sagt etwa Jim Vogel, Hypotheken-Analyst beim Finanzdienstleister FTN Financial. Zudem zeige die Vergangenheit, dass private Geldgeber sich häufig genau dann aus dem Markt zurückziehen, wenn dieser zu überhitzen droht.
Quelle: ntv.de, sla/DJ/AFP