Mode für Reiche und Superreiche Philipp Plein - aus dem Nichts zum Multimillionär
04.11.2023, 13:15 Uhr Artikel anhören
Plein, wie er sich selbst sieht, als Erfolgsmensch.
(Foto: Philipp Plein)
Seine Lebensgeschichte klingt nach Hollywood. Philipp Plein schlief in Stundenhotels, jetzt gehören ihm Villen in Cannes und Bel-Air. Der deutsche Designer hat es mit seiner Glitzermode aus dem Nichts nach ganz oben geschafft. Seine Erfolgsstory gibt es nun als Buch.
Sein Jurastudium hat er nie abgeschlossen. Stattdessen designte er Hundebetten und schlief im Stundenhotel, weil er sich eine teurere Unterkunft nicht leisten konnte. Und jetzt ist er der erfolgreichste deutsche Modedesigner. Ein Multimillionär, der Villen in Cannes und Bel-Air besitzt, der mit dem Privatjet um den Globus fliegt - und Kleidung für die Reichen und Superreichen macht.
Wer das ist? Philipp Plein. Der 45-jährige Münchner, aufgewachsen in Nürnberg, erreicht mit seinen Entwürfen, die Sex und Rock'n'roll verströmen, Fans in aller Welt. Seine Firmenholding mit Sitz in Lugano, deren alleiniger Gesellschafter er ist, erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als 200 Millionen Euro.
Plein ist einer der ganz wenigen noch verbliebenen unabhängigen Designer auf dem 350 Milliarden Euro schweren Luxusmarkt. Der wird ansonsten von Giganten wie LVMH, Kering und Richemont beherrscht, zu denen Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior, Gucci, Yves Saint Laurent, Cartier und Montblanc gehören. Er ist einem knallharten Wettbewerb ausgesetzt - und behauptet sich seit 25 Jahren.
Vom Underdog zum Modezar
Schule? Universität? Waren nicht wirklich sein Ding. "In der Schule lernst du vieles, aber du lernst nichts übers Leben. Learning by doing. Das hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin", erzählt Plein in seiner soeben erschienenen Biografie, die seinen Weg vom Underdog zum Chef seines Modeimperiums nachzeichnet. "Ich habe mir immer alles selber beibringen müssen, von Anfang an."
Pleins Vita könnte einem Hollywood-Drehbuch entsprungen sein. Sein leiblicher Vater war Arzt, der zu viel trank und die Mutter schlug. Sie trennte sich von ihm, als der Junge drei Jahre alt war, heiratete daraufhin wieder einen Arzt. Pleins Kindheit war behütet. Doch in ihm steckte schon immer ein Rebell, der gegen den Strom schwamm. Er trug die Haare schulterlang, landete auf dem Cover der "Bravo Girl" und wischte in der Nürnberger Diskothek "Mach 1" am Wochenende die Aschenbecher aus. Nach dem Abitur brach Plein zu einer Amerikareise auf, auf der er Miss California küsste und die elterliche Kreditkarte ausreizte.
Le Corbusier-Sofa als Hundebett
Auf seine erste Geschäftsidee brachte ihn seine Mutter. Sie und ihr Mann hatten zwei Jagdhunde. Regelmäßig zerbissen sie Ikea-Strohkörbe. Seine Mutter forderte ihren Sohn auf: "Kannst du dir mal etwas einfallen lassen?" In einem Nürnberger Autohaus entdeckte Plein ein Le Corbusier-Sofa und baute es in Miniaturgröße nach: als Hundebett. Kaufpreis je nach Größe: 1600 oder 1700 D-Mark. Plein wurde verlacht. Doch Jennifer Lopez und Antonio Banderas fanden das Hundebett toll. Es wurde ein Renner. Nun entwarf der Designer eine Fülle anderer Möbel, auch Lampen.
Der Eintritt in die Mode war Zufall. Um auf einer Pariser Designmesse ein Ankleidesystem aus Edelstahl zu bewerben, hängte Plein eine alte Bundeswehrjacke hin, die seine Schwester Gloria verziert hatte. Aus Lederresten hatte sie Tiere geformt, an der Hüfte mit pinken und gelben Schleifchen versehen, die man vorn zubinden konnte. Das Schweinchen wich auf der Rückenpartie der Army-Jacke bald einem Totenkopf aus Swarovski-Steinen, dazu der Satz: "Rich Pirates by Philipp Plein." Sie wurde zum Bestseller. Modeläden in ganz Deutschland rissen sich darum, die Jacke anbieten zu können. Eine der ersten Großkundinnen war Claudia Carpendale, die Ex-Frau von Schlagersänger Howard Carpendale, die in ihrem Store auf der Mittelstraße in Köln ganze Wagenladungen Plein-Kleidung verkaufte.
Das Erfolgsrezept Pleins ist auch sein Motto: Man muss entweder besser oder anders sein. "Ich war nicht besser, ich war anders. Ich habe ja nicht Mode oder Design studiert. Da habe ich von Natur aus alles anders gemacht - und das hat dann den Erfolg gebracht." Schwächen in Stärken zu verwandeln, war sein Ding. "Darin bin ich Weltmeister." Auch im Erfinden von Mode, die ins Auge sticht und funkelt. Plein liebt es, wenn es glitzert. Seine Produkte waren stets überladen mit Swarovski und Stickereien. "Wenn ich auf der Messe mit einem schwarzen T-Shirt oder Kaschmirpullover gestanden hätte, hätte ich nichts verkauft. Das Produkt musste einfach stark und laut sein."
Modenschau in der Geisterbahn
Starkes Design allein reicht aber nicht. Plein versteht es, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Auf seinen ersten Messeauftritten bot er einen Elvis-Imitator auf. In Berlin auf der Bread & Butter stellte er eine Geisterbahn hin, die er sich von einem Schausteller besorgt hatte. Dem Dracula, der sich aus einem Sarg aufrichtete, zog er eine schwarze Plein-Lederjacke über.
Dem Prinzip Spektakel ist er bis heute treu. Seine Fashion-Shows in Mailand und New York sind Volksfeste. Er rollte mit Monster-Trucks über Autos, pflügte mit Jetskis durchs Wasser und ließ ein Kettenkarussell rotieren. Einmal stellte er ein UFO hin, aus dem Irina Shayk trat. Draußen wurde sie von einem riesigen Roboter in Empfang genommen, der ihr seinen Greifarm reichte.
Für seine Shows und Events gibt Plein viel Geld aus. Dafür spart er an anderer Stelle. Er beherrscht das Guerilla-Marketing. In der Szene berühmt ist eine Posse mit Ferrari. 2019 stellte der Deutsche seine Sneaker auf der Haube seines grünen Ferraris ab, den er vor einem Springbrunnen geparkt hatte. Er spritzte mit dem Gartenschlauch in Richtung des Autos, zwei Frauen im Bikini seiften es in aufreizender Pose ab. Ferrari sah es mit Entsetzen und leitete juristische Schritte ein.
Plein, der seine Social-Media-Community an dem Streit teilhaben ließ, musste am Ende 300.000 Euro Schadenersatz an Ferrari bezahlen. Doch im Gegenzug hatte er sich gewaltige mediale Aufmerksamkeit gesichert. "Jeder Kanalarbeiter in Mexiko weiß davon", erzählt einer von Pleins Beratern in dem Buch.
Immer neue Chancen
Während die meisten Marken enorme Summen für Influencer ausgeben, ist Plein höchstpersönlich der wichtigste Markenbotschafter seines Modeimperiums. Auf Instagram hat er drei Millionen Follower, die er im Stundentakt über seinen Luxus-Lifestyle auf dem Laufenden hält. Mit der Handykamera filmt er seine Villen, zeigt seine Lebensgefährtin und knuddelt seine Söhne.
Misst man es am Umsatz seiner Firmen, muss man sagen: Sein Erfolg gibt ihm recht. Und wie geht es weiter? "Ich weiß es nicht. Ich wünschte, ich wüsste es. Ich suche nach einem Ausgang. Bislang habe ich ihn nicht gefunden. Doch ich entdecke immer Chancen."
Quelle: ntv.de