Windkraft in Deutschland Nordex schreibt rote Zahlen
14.08.2012, 21:13 Uhr
Letzte Sichtkontrolle an der Kaikante: Alltag bei Nordex.
(Foto: dpa)
Die ersten sechs Monate des Jahres kann der deutsche Windradbauer Nordex - trotz deutlicher Zuwächse beim Umsatz - wieder nicht mit einem Gewinn abschließen. Das Unternehmen bekommt die unangenehmen Auswirkungen der Aufbruchsstimmung voll zu spüren.

Neue Symbole auf der Seekarte: Windparks wie hier vor der britischen Küste sind bald in Nord- und Ostsee keine Seltenheit mehr.
(Foto: REUTERS)
Der Windkraftturbinen-Hersteller Nordex hat das erste Halbjahr wegen des Preisdrucks in der Branche erneut mit einem Verlust abgeschlossen. Dank einer guten Auftragslage will das Unternehmen bis zum Jahresende aber operativ zulegen.
Unter dem Strich verlor Nordex 23,3 Mio. Euro, im Vorjahreszeitraum steckte Nordex bereits mit 4,1 Mio. Euro in den roten Zahlen. Der Umsatz stieg von 403,3 Mio. auf 421,1 Mio. Euro, wie das im TecDax gelistete Unternehmen mitteilte.
Der Auftragseingang lag mit 522 Mio. Euro auf dem Niveau des Vorjahres. In Erwartung neuer Orders im Volumen von 480 Mio. bis 580 Mio. Euro im zweiten Halbjahr bestätigte Nordex die Prognose für das Gesamtjahr: Danach will das Unternehmen nach einem Verlust im vergangenen Jahr ein positives operatives Ergebnis schaffen. Der Umsatz soll bei 1 bis 1,1 Mrd. Euro liegen, der Auftragseingang auf gleichem Niveau.
Riesige Rotorblätter aus Groß Klein
Zentrales Thema der jungen Branche sind Absatzchancen auf dem Gebiet der Offshore-Anlagen, also den Windparks an Standorten in Küstennähe und auf offener See. Zuletzt verbreitete hier das Unternehmen Euros neue Zuversicht. Der Spezialfertiger für Rotorblätter plant eigenen Angaben zufolge den Bau einer großen Produktionsanlage in Rostock. Wie Euros-Geschäftsführer Michael Wolf vergangene Woche mitteilte, sollen im maritimen Industriegebiet Groß Klein bis zu 350 Arbeitsplätze entstehen.
In der 30 mal 120 Meter großen Halle ist der Bau von jährlich bis zu 600 Rotorblättern für Offshore-Windkraftanlagen geplant. Diese sind bis zu 83 Meter lang, was einen Produktionsstandort an der Kaikante Wolf zufolge dringend erforderlich mache. Der Euro-Chef rechnet mit einer Investitionssumme von rund 48 Mio. Euro.
Bard kämpft mit Schwierigkeiten
Nach den Boom-Jahren bis zur sogenannten Energiewende kämpft mit dem Cuxhavener Unternehmen Bard auch ein echter Windkraft-Pionier mit wirtschaftlichem Gegenwind. Am Standort Cuxhaven drohe bis März 2013 der Verlust von 217 Arbeitsplätzen, teilte Bard in der vergangenen Woche mit. Nach dem Bau von 80 Fundamenten für den ersten kommerziellen Nordsee-Windpark "Bard Offshore 1" seien keine Anschlussaufträge in Sicht, sagte ein Sprecher des Unternehmens.
Geschäftsführung und Betriebsrat der Bard-Tochter Cuxhaven Steel Construction (CSC) hätten sich daher auf einen Interessenausgleich und einen Sozialplan geeinigt. Bard sei jedoch weiter auf der Suche nach potenziellen Investoren und verhandele um Fremdaufträge, die eine Voll- oder zumindest Teilauslastung bei CSC sicherstellen sollten.
Mehr als 22.000 Windräder
Insgesamt befindet sich die deutsche Windindustrie im Inland nach wie vor auf einem starken Wachstumskurs. Im ersten Halbjahr seien 414 Windenergieanlagen mit einer maximalen Leistung von zusammen 1,4 Gigawatt neu installiert worden, teilten der Bundesverband Windenergie und VDMA Power Systems Anfang August mit. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2011 seien damit 207 Megawatt oder 26 Prozent mehr aufgestellt worden. Alles in allem waren demnach Mitte dieses Jahres 22.664 Windenergieanlagen mit einer maximalen Leistung von 30.016 Megawatt in Betrieb.
Im ersten Halbjahr war der Anteil aller erneuerbaren Energien an der Stromversorgung erstmals über die 25-Prozent-Marke geklettert. Windkraft spielte dabei die stärkste Rolle, vor Solaranlagen, Wasserkraft und Biomasse.
China bleibt schwierig
Den Verbandsangaben zufolge bleibt der Ausbau der Offshore-Windenergie-Anlagen mit neun im ersten Halbjahr in Betrieb genommenen Anlagen zwar weit hinter den Prognosen zurück. Es befänden sich aber drei weitere Windparks im Bau, bis Jahresende sollen Projekte mit einer Leistung von über zwei Gigawatt in Angriff genommen werden.
International halten die Verbände die deutsche Windindustrie für sehr gut aufgestellt. Allerdings seien die Aussichten für 2013 düster. So sei zwar in Europa von einem konstanten Markt auszugehen, der US-Markt werde aber voraussichtlich einbrechen. Der chinesische Markt bleibe wegen enormer Überkapazitäten der Hersteller vor Ort sehr schwierig.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa